Kritik zu Freunde mit gewissen Vorzügen
Mila Kunis und Justin Timberlake spielen auf angenehm unkonventionelle Art ein Freundschaftspaar, das über den Hindernisparcours der »romantischen Komödie« zur wahren Liebe finden muss
Kann Freundschaft ohne Liebe, aber mit Sex ein tragfähiges Beziehungsmodell sein? Wer auf diese Frage eine reelle Antwort sucht, findet sie bestimmt nicht in einer romantischen Komödie. Schließlich rüttelt diese pragmatische Vorstellung an den Grundfesten des Genres, dessen eng geschnürtes Regelwerk nur geringe Abweichungen von der romantischen Norm zulässt. Auch in Will Glucks Freunde mit gewissen Vorzügen weiß man von Anfang an, wohin die Reise geht, allerdings wird hier der Weg zum vorprogrammierten Ziel unerhört unterhaltsam verlegt.
Mit Einfach zu haben hatte Gluck schon einen erfrischenden Zugang zum ausgelaugten Genre der Highschool-Comedy gefunden. In Freunde mit gewissen Vorzügen verfährt er ähnlich und setzt in der Tradition der guten, alten Screwball-Comedy auf schnelle, prägnante Dialoge. Sicherlich reichen Mila Kunis und Justin Timberlake nicht an die historischen Vorbilder von Katharine Hepburn und Spencer Tracy heran, aber die Chemie zwischen den beiden ist in pointierten Wortgefechten ehrlich erkämpft. Als Liebende wider Willen unterscheiden sie sich deutlich von den aseptischen Optimalpaaren, die in Hollywood im Akkord zusammengeschweißt werden.
Kunis spielt die gelernte Headhunterin Jamie, ein mit allen Wassern gewaschenes Manhattan-Girl, Timberlake den erfolgreichen Webdesigner aus Los Angeles, der mit Jamies Hilfe für einen lukrativen Posten nach New York abgeworben wird. Beide, das hat die Parallelmontage zu Beginn eindrücklich dokumentiert, sind gerade von ihren Geliebten verlassen worden und haben erst einmal genug von emotionalen Verbindlichkeiten. Aber man findet sich sympathisch, trifft sich jenseits des amerikanischen Dating-Vorschriftenkatalogs in der Mittagspause oder zum gemeinsamen TV-Dinner und gesteht sich irgendwann die eigenen sexuellen Entzugserscheinungen ein. Was liegt da näher als eine freundschaftlich-erotische Hilfestellung? Ein kurzer Antiliebesschwur auf das Bibel-App im iPad und schon kann es losgehen.
Schön dass der Film erst gar nicht versucht, die amerikanischen Auflagen zur Jugendfreigabe zu erfüllen, denn die Sexszenen, in denen Anweisungen wie bei einem Einparkmanöver hinausgekeucht werden, zelebrieren genussvoll die Absurditäten erotischer Erstbegegnungen. Gluck findet hier einen humorvollen Ton, der gänzlich unverklemmt daherkommt, ohne Darstellern und Publikum allzu viel nackte Tatsachen zuzumuten. Das gilt auch für die quirligen Dialoge, die kein Blatt vor den Mund nehmen, aber auf provokante Kraftausdruckmeiereien verzichten. In den Nebenrollen glänzen dann noch Patricia Clarkson als unreformierte Hippiemutter und Woody Harrelson als Sportredakteur, der sein Schwulsein ungeheuer lässig vor sich her trägt.
Nur in der Zielgeraden, wenn Gluck seine Du-liebst-mich/Du-liebst-mich-nicht-Dramaturgie dann doch etwas zu gewaltsam ins Happy End lenkt, verliert der Film seinen entspannt- selbstbewussten Umgang mit den Genreregeln. Es sei ihm verziehen, denn schon lange nicht mehr sind die Klischees der romantischen Komödie derart vergnüglich aneinandergereiht worden.
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