Kritik zu French Exit
Azazel Jacobs entwickelt aus der Romanvorlage von Patrick deWitt eine satirische Komödie mit Michelle Pfeiffer als sarkastische Erbin, der das Geld ausgeht und die mit ihrem Sohn einen übereilten Neuanfang startet
»Mein Plan war es zu sterben, bevor das Geld ausgeht«, ist der lakonische Kommentar von Frances Price. Gerade hat ihr Vermögensverwalter ihr mitgeteilt, dass das Erbe ihres vor zehn Jahren verstorbenen Ehemannes vollkommen aufgebraucht ist. Was soll die Dame der New Yorker Gesellschaft, die über ihre Verhältnisse gelebt hat, nun machen? Da kommt der Vorschlag ihrer besten Freundin gerade recht, die ihr das Pariser Appartement anbietet, das sie selbst nur wenige Wochen im Jahr nutzt. Ein »French Exit« (so der amerikanische Ausdruck für einen unerwarteten und schnellen Abgang) also im doppelten Sinne. Vielleicht schon lange überfällig, hängt Frances doch die Geschichte an, dass sie, als sie die Leiche ihres Mannes fand, erst einmal ins Skiwochenende fuhr, bevor sie die Polizei verständigte.
Paris als die Stadt, in der »Expatriates« sich neu erfinden, wie so oft im amerikanischen Kino, das funktioniert hier etwas anders – ein fremder Ort, an dem vieles möglich ist. Wobei Frances den Zuschauer:innen die Identifikation anfangs nicht einfach macht, so sarkastisch und gefühllos, wie sie auftritt (Michelle Pfeiffer unterstreicht das durch ihre outrierte Spielweise); dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt, nimmt allerdings für sie ein, zumal wenn sie in einem Pariser Restaurant einem arroganten französischen Kellner zeigt, wer hier das Sagen hat. Allerdings ist da auch noch ihr erwachsener, aber nicht gerade selbstständiger Sohn Malcolm, den sie kurzerhand ins Schlepptau genommen und ihn damit erst einmal von dem immer wieder aufgeschobenen Vorhaben befreit hat, ihr mitzuteilen, dass er sich verlobt hat – gegenüber seiner Mutter, die erst nach dem Tod des Vaters von ihm Kenntnis nahm und ihn aus dem Internat befreite, ist er immer noch der kleine Junge. Der dritte »Expat« ist der Kater Small Frank, in dem Frances die Reinkarnation ihres verstorbenen Gatten sieht (jedenfalls spricht er mit dessen Stimme zu ihr) und dessen Verschwinden dazu führt, dass immer mehr hilfsbereite Personen das Appartement bevölkern.
»French Exit«, basierend auf dem Roman von Patrick deWitt, ist der sechste abendfüllende Spielfilm, den der amerikanische Independentregisseur Azazel Jacobs seit 2003 gedreht hat – aber der erste, der es in die deutschen Kinos schafft.
Jacobs, Sohn des Experimentalfilmers Ken Jacobs, erzählt in seinen Filmen immer wieder von entfremdeten Menschen, die den schweren Pfad der Selbsterkenntnis beschreiten und sich am Ende zumindest ein Stück weiterentwickelt haben und auf andere (meist Mitglieder der eigenen Familie) zugehen können. Verhaltene Komik wird um satirische Akzente bereichert, wobei die Figuren stets im Mittelpunkt stehen. Seine Filme haben etwas angenehm Altmodisches (hier ruft Malcolm seine Freundin in New York einmal aus einer Telefonzelle am Seineufer an), wirken trotz der Starbesetzung in den letzten Arbeiten aber wie aus der Zeit gefallen, Independents im besten Sinne.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns