Kritik zu Frankenweenie
Tim Burton reanimiert den Frankensteinmythos in Gestalt eines putzigen Hundes, der eine ganze Kleinstadt in Aufruhr versetzt. Eine Liebeserklärung an klassische Horrorfilme – in 3D und Schwarz-Weiß
Bereits 1984 drehte der damals noch unbekannte Tim Burton einen 30-minütigen Realfilm über einen Jungen, der den Tod seines geliebten Hundes nicht verkraftet und ihn zu neuem Leben erweckt. Damals befand die Produktionsfirma Disney das Ergebnis für eine Auswertung als Familienfilm zu düster. Seinen Schöpfer ließ der Stoff offensichtlich nie los, und so ist Frankenweenie nun zu neuem Leben erwacht, diesmal als Stop-Motion- Puppentrickfilm und in der skurrilen Kombination von Schwarz-Weiß und 3D.
Von Anfang an ist klar: Dies ist ein Werk der Liebe, eine Verbeugung vor den klassischen Horrorfilmen und ein Potpourri aus bekannten Motiven und Zitaten, nicht zuletzt aus Burtons eigener Filmografie. Da sitzen die Frankensteins – eine scheinbar ganz normale amerikanische Familie – zu Hause vor der Leinwand und schauen sich das jüngste Schmalfilmwerk ihres Sohnes Victor an, eine Kinderzimmerproduktion (in 3D!), in der ein riesiges Monster in einer Miniaturstadt aus Pappkartons wütet. Die Armee aus Spielzeugsoldaten ist machtlos gegen diese Bedrohung. Doch da betritt ein ebenfalls riesenhafter Hund die Szene und stellt das Monster. . .
Der Darsteller des Hundehelden ist der niedliche Sparky, und er ist Victors bester Freund. Das Drama entspinnt sich, als Sparky von einem Auto überfahren wird und stirbt. Victor holt heimlich Sparky aus seinem Grab auf dem Friedhof der Kuscheltiere und schließt ihn an eine irrwitzige Konstruktion aus Elektrogeräten an. Ein Blitzeinschlag erweckt den zusammengeflickten Hund dann tatsächlich zu neuem Leben. Aber wer der Natur ins Handwerk pfuscht – so lautet nun einmal eine Grundregel des Genres –, der provoziert fürchterliche Folgen . . .
Getragen wird der Film von seinem Ensemble, einem Sammelsurium skurriler Charaktere, in denen so manche prominente Gestalt der Filmgeschichte amalgamiert ist. Zum Beispiel im verschrobenen, buckligen Nachbarjungen »Edgar ›E.‹ Gore«, der an – die Assonanz verrät es schon – jenen Gehilfen Igor angelehnt ist, der sich über viele Filme hinweg zum archetypischen Gehilfen verrückter Wissenschaftler entwickelt hat. Weitere Glanzpunkte setzen etwa das »Weird Girl« mit seiner prophetisch begabten Katze »Mr. Whiskers« und die Nachbarshündin »Persephone«, deren turmhohe Pudelfrisur an Frankensteins Braut erinnert.
Zugegeben: Wie der von Nähten überzogene Sparky ist auch Burtons Film Flickwerk. Er packt die vielen vertrauten Motive in eine vorhersehbare Dramaturgie, ohne wesentlich Neues hinzufügen. Doch genau wie der wiederbelebte Hund sprüht auch Frankenweenie vor Leben. Die Elemente sind so straff und mit so viel Charme verwoben, die Sets und Puppen so liebevoll gestaltet, die Geschichte so stringent erzählt, dass da nichts zu müffeln beginnt. Die typische Mischung aus Gothic und Humor ist Burton schon lange nicht mehr so stimmig geraten. Und trotz aller kindlichen Unschuld ist Frankenweenie auch eine durchaus ironische Selbstbespiegelung des Kinos und seiner Macht, das Tote zum Leben zu erwecken, beispielsweise mit der ja auch schon totgesagten Stop-Motion-Technik.
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