Kritik zu The Expendables 2
Der Kalte Krieg ist vorbei, das Kino trauert ihm nach: Sylvester Stallones geriatrisches Actionkinoprojekt bekommt Verstärkung von Arnold Schwarzenegger, Chuck Norris und JCvD
Der Respekt vor unseren älteren Mitmenschen gebietet, dass man sich Simon Wests neuen Film The Expendables 2 unvoreingenommen ansieht. Sylvester Stallone hält, das muss man ihm zugutehalten, eine Marktnische für sich und seinesgleichen besetzt. In der Popmusik sind sogenannte »Heritage Shows« ein einträgliches Geschäft. Alte Bands kehren zurück und spielen live noch einmal für ein nachgewachsenes Publikum. Die Musealisierung der Popkultur macht auch vor Actionhelden keinen Halt. Arnold Schwarzenegger ist es, der in The Expendables 2 das ausspricht, was sich der Zuschauer schon lange gedacht hat: dass sie alle nämlich ins Museum der Popgeschichte gehören, gleich neben Jimi Hendrix’ Gitarre, John Lennons Brille und Madonnas Kegel-BH. Stattdessen machen sie wieder das Kino unsicher, frei von Ironie und nur mit gelegentlichen Seitenhieben. Ironisch sind hier allenfalls die landkartenartigen Furchen im Gesicht von Sylvester Stallone und der wie angemalt wirkende Bart des 72-jährigen Chuck Norris, der wohl die Illusion erzeugen soll, man befände sich wieder im Jahr 1986 und die Russen würden hinter dem nächsten Busch hervorspringen.
Der Rest ist reines Reenactment – so bitter ernst, dass einem mitunter angst und bange wird. Wo es Stallone, Schwarzenegger, Lundgren, Norris, Van Damme und – in einem nicht minder unironischen Kurzauftritt – Bruce Willis inzwischen an körperlicher Fitness mangelt (die sechs bringen es auf einen stolzen Alterschnitt von 61 Jahren), schlagen sie umso martialischer dazwischen. Da wird der Feind aus kürzester Distanz mit hochkalibrigen Waffen niedergemäht, es fliegen buchstäblich Fetzen und Eingeweide. Vielleicht ist es auch nur ein letztes Aufblitzen vom alten Korpsgeist, aber die Gewalt dieser alten Männer in Verbindung mit flotten Soldatensprüchen ist stellenweise erschütternd. In den 80er Jahren gehörte das vielleicht zum guten Ton, das war sozusagen der politische Zeitgeist. Im Jahr 2012 aber wirkt The Expendables 2 nur noch befremdlich. Wie man es besser macht, hat kürzlich etwa Jean-Claude Van Damme mit seinem selbstreflexiven »JCVD« gezeigt.
Was aber soll an den Expendables nun witzig sein? Dass Chuck Norris persönlich den neuesten Chuck-Norris-Witz zum Besten gibt? Dass permanent ein anderer abgehalfteter Actionstar sein Gesicht in,die Kamera hält? Dass Jean-Claude van Dammes Bösewicht auf den Namen Vilain hört? Die Handlung ist es auch nicht. Die ist so austauschbar wie die Bösewichte in den 80er Jahren. Einen tiefsinnigeren Moment gibt es, der den ganzen Film zusammenfasst. Da marschieren Stallone, Lundgren und Konsorten staunend in einen ehemaligen sowjetischen Militärstützpunkt ein; sie verschanzen sich in den verlassenen Kulissen des Feindes, der die ganze Existenzberechtigung ihrer Kinoära darstellte. Ein kurzer erhabener Moment. Bis einer von ihnen wieder den Mund aufmachen muss.
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