Kritik zu Ente gut!

© Weltkino

2016
Original-Titel: 
Ente gut! Mädchen allein zu Haus
Filmstart in Deutschland: 
26.05.2016
L: 
96 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Linh und Tien sind trotz ihrer deutschen Pässe Außenseiter in ihrer Trabantensiedlung im Osten. Und dann müssen sie auch noch vorübergehend allein zurechtkommen … Schön beobachteter, einleuchtend erzählter Kinderfilm von Norbert Lechner

Bewertung: 4
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Die meisten Kinder- und Jugendfilme entstehen in Deutschland nach schon bekannten Vorlagen – von der »Unendlichen Geschichte« bis zum Klassiker »Heidi«. Originäre Stoffe sind selten. Und gehen leider im Kino eher schlecht. Um dem abzuhelfen, hat sich vor einigen Jahren die Initiative »Der besondere Kinderfilm« gegründet, bestehend aus Filmwirtschaft, Sendeanstalten und Filmförderern. So etwas wie ein Statut gibt es auch. Das klingt manchmal etwas diktatorisch, und mitunter feiert die Bewahrpädagogik der Fifties fröhliche Urständ: »Die Filme müssen ein befreiendes, lebensbejahendes Ende haben.« Wie im richtigen Leben halt . . . Nun, auch Norbert Lechners neuer Film ist unter dem Dach dieser Initiative entstanden, die zweite Produktion nach André Erkaus »Winnetous Sohn«. Mit »Tom und Hacke« war Lechner 2012 eine spannende Mark-Twain-Adaption gelungen, stets auf der Seite der Titelhelden. Diese Perspektive behält Lechner in seinem neuen Film bei. Wichtig ist ihm hier gewissermaßen die Gruppendynamik unter den drei Hauptfiguren, ihre Konflikte, aber auch ihre Annäherungen. 

Die etwas altkluge Pauline wird in der Schule gemobbt und von ihren Eltern mit zu viel Verständnis überschüttet. Zu Hause beobachtet sie mit einem Teleskop das Hochhaus gegenüber – sie liebt Spionagegeschichten. Dabei stößt sie auf Linh und Tien. Und auf den Umstand, dass die beiden Schwestern allein zu Hause sind. Die Mutter der beiden musste wegen eines Krankheitsfalls nach Vietnam in ihre Heimat. Linh regelt das Alltagsleben, sie kocht im Imbiss der Mutter, die von einer Tante notdürftig ersetzt wird, und versucht, Schäden zu begrenzen. Man merkt schnell, dass die beiden trotz ihres deutschen Passes Außenseiter sind, wenn sie »Fidschis« genannt oder von der Polizei kontrolliert werden. Pauline erpresst am Anfang die Freundschaft – und sorgt selbst mit ihren Spionagegeschichten für einiges Unheil.

Die ersten Probleme können noch durch Tricks ausgeräumt werden, aber dann zieht sich der Kreis immer enger um die drei. Sicher, die Erwachsenen stehen nicht im Mittelpunkt von »Ente gut!« Aber es gehört zu den Stärken dieses Films, dass er sie auch nicht zu bloßen Staffage verdammt, sie zu Karikaturen degradiert – wie das in den meisten deutschen Kinder- und Jugendfilmen geschieht, selbst in den ambitionierteren. Nein, auch sie (oder zumindest die meisten von ihnen) nimmt dieser Film ernst, selbst die Mitarbeiterin des Jugendamts, die von der großartigen Lena Stolze verkörpert wird.

Ziemlich präzise fängt »Ente gut!« die Atmosphäre der Trabantensiedlung ein, in der die drei wohnen. Gedreht wurde in Halle, und über dem Imbiss prangt immer noch der Schriftzug »Gastronom« aus DDR-Zeiten. Und zu Tiens Geburtstag regnet es Konfetti aus den Wohnungen des so unmenschlich wirkenden Hochhauses, in dem die beiden Schwestern wohnen. Ein magischer Moment.

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