Kritik zu Elemental
Wie Feuer und Wasser, aber diesmal sind sie auch wie Romeo und Julia: Der neue Pixar-Film bemüht zwar ein vertrautes Konzept, wartet aber einmal mehr mit visuellem Reichtum und originellen graphischen Ideen auf
Wie Feuer und Wasser sind die beiden Helden im neuen Pixar-Abenteuer »Elemental«. Und das wortwörtlich. Der von Peter Sohn inszenierte Animationsfilm ist im Kern eine Variation auf ein altbekanntes Thema: zwei lieben sich, stammen aber aus verschiedenen Kulturen und müssen gegen alle Widerstände Differenzen überbrücken, um glücklich zu werden. Eine multikulturelle Romantikkomödie, die bei Pixar zur großen Metaphernrevue wird, in der jede Figur einem der vier Elemente zugordnet ist. Feuer, Wasser, Luft und Erde. Und die Elemente sollten schön unter ihresgleichen bleiben, weil sie zu den anderen scheinbar schlicht nicht passen. Wie das hitzköpfige Feuermädchen Ember Lumen (im Original mit der Stimme von Leah Lewis, in der deutschen Fassung von Emilia Schüle) und der sich treibenlassende Wasserjunge Wade Ripple (Mamoudhou Athie bzw. Jannis Niewöhner). Die Lumens waren vor Jahren aus Fireland eingewandert und haben sich im Migrantenviertel am Rande von Element City niedergelassen, wo Vater Bernie einen kleinen Laden namens »Fireplace« betreibt, den Tochter Ember eines Tages übernehmen soll. Doch die ist viel zu reizbar, um mit der oft nicht ganz einfachen Kundschaft umzugehen. Bei einem ihrer Wutausbrüche kommt es zum folgenschweren Unfall, der den Keller überflutet und damit Wade in ihr Leben spült. Und je näher sich die beiden kommen, umso mehr hadert Ember mit den Erwartungen ihrer Eltern.
»Elemental« erzählt so eine simple, herzensgute Geschichte, an deren Haltung es wenig auszusetzen gibt. Die große Stärke von Pixar-Filmen war und ist es, fantastische Welten zu erschaffen, in die das Publikum eintauchen kann, auch weil sich unter der kunterbunten Oberfläche die Wirklichkeit wiedererkennen lässt. So auch in Elemental City mit seinen Parallelgesellschaften und den daraus entstehenden Reibungen. Der Film ist gewohnt brillant animiert, vor allem die liebevoll entwickelten Figuren mit ihren elementspezifischen Fähigkeiten. Da lösen sich Wolkenwesen in Luft auf, werden Wassercharaktere von Schwämmen aufgesogen und fühlen sich Baumfiguren wie angewurzelt. So reißt der Film immer wieder mit, dank überbordender Ideen und hübschen Details, doch der Eindruck verpufft auch schnell wieder. Das liegt vor allem an dem formelhaften Konzept und der doch recht standardisiert erzählten Einwanderergeschichte von Embers Familie und ihren Rassismuserfahrungen, die in der eigentlich diversen Metropole lange als Fremde mit zugeschriebenen Stereotypen wahrgenommen werden, in ihrem Viertel unter sich bleiben müssen und ihre eigene Identität und Sprache beibehalten.
Der visuelle Reichtum und Thomas Newmans indisch angehauchte Filmmusik machen »Elemental« trotz dieser Schwächen zum sehenswerten Vergnügen, das in Tonfall und Tempo auf ein jüngeres Publikum angelegt ist als Pixar-Klassiker wie »Oben« oder »Alles steht Kopf«. Und natürlich auf all die junggebliebenen Romantiker*innen, die schon immer wussten, dass sich Gegensätze anziehen.
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