Kritik zu Echo

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In ihrem Spielfilmdebüt untergräbt Mareike Wegener schwarzhumorig der Deutschen liebstes Genre: den Provinzkrimi

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Während eines Einsatzes als Polizeiausbilderin in Afghanistan wird die Kriminalkommissarin Saskia Harder (Valery Tscheplanowa) verletzt zurück nach Deutschland geschickt. Nach einer kurzen Auszeit bescheinigt ihr ein medizinisch-psychologisches Gutachten Einsatzfähigkeit, wenn auch nur mit geringem Belastungspotenzial. Prompt wird sie zu einer Moorleiche in die Provinz gerufen. Dort steht der nüchternen, doch irgendwie beschädigten Frau der beflissene, gutmütige Dorfpolizist Alfons Tenhagen (Andreas Döhler) zur Seite. So weit ein durchaus übliches Setting für der Deutschen liebstes Genre, den Provinzkrimi. Doch dann wird schnell klar, dass in Mareike Wegeners Spielfilmdebüt »Echo« so gar nichts der gelernten Logik folgt. 

In kompletter Dunkelheit stapfen Harder und Tenhagen durch den Wald, um den Fundort der Leiche zu inspizieren, im Gepäck einen ausladenden Aluminium-Rollkoffer und ein Zelt, das die Leiche vor weiterer Kontaminierung schützen soll. Dabei erfährt Harder von Mädchen, die in der Vergangenheit immer mal wieder spurlos verschwunden sind. Am nächsten Tag trifft sie auf die etwas rätselhafte Moormeisterin Edith Telaar (Ursula Werner) und den schrulligen Adligen Lorenz von Hüning (Felix Römer), den Tenhagen nur den Hamsterer nennt, weil ihm alles in dem fiktiven verschlafenen Friedland irgendwo in der nordrhein-westfälischen Provinz gehört. Auch der Schlossherr hat einst auf mysteriöse Weise seine Tochter verloren und lebt nun mit einem Papagei – »Mein Spätzchen« – hinter dicken Mauern, wo er allerlei Skurrilitäten sammelt. In seinem Schlossgraben wird just eine Zweizentnerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, die zur Evakuierung des Dorfes führen soll. Die Aufklärung des Mordfalls, die am Ende eine in sich unbedingt schlüssige, wenn auch groteske Wendung nimmt, gerät dabei zur Nebensache.

In streng komponierten Bildern, in denen sich zwar einzelne Personen bewegen, die Kulisse aber stets statisch bleibt, erzählt Wegener von Traumata und Vergangenheitsbewältigung, zieht subtil Verbindungen vom Zweiten Weltkrieg zu kriegerischen Einsätzen in Afghanistan. Dabei verwebt sie geschickt und im lakonisch-satirischen Ton Motive der deutschen Geschichte und Kultur und flicht mit der titelgebenden Bergnymphe Echo auch noch die griechische Mythologie ein. Echo wurde einst zur Strafe der Sprache beraubt. Sie kann nur die von ihr zuletzt gehörten Worte wiederholen, Kommunikation ist somit unmöglich, nur das Echo kehrt zurück. Auch die Figuren in Wegeners Film monologisieren vor sich hin, vertuschen und verdrängen, Eltern verschwundener Kinder ihre Trauer, die Kommissarin ihr Trauma des Afghanistan-Einsatzes, das sich als pinker Rauch um sie herum immer wieder meldet, das ganze Dorf seine Verstrickungen ins Dritte Reich. Das ohnehin symbolhaft aufgeladene Moor, das Dinge zwar versinken lässt, aber stets bewahrt, ist nur eines der vielen Motive in diesem schwarzhumorigen, atmosphärisch dichten Krimi.

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