Kritik zu Duplicity – Gemeinsame Geheimsache
Ein weiterer Blick auf die sinistren Machenschaften von Konzernen, diesmal als romantische Thriller-Komödie. Julia Roberts und Clive Owen sind Top-Agenten in der Welt der Kosmetikindustrie
Ein regennasses Rollfeld vor einem Hangar. Zwei Maschinen stehen sich in einigem Abstand Nase zu Nase gegenüber, vor ihnen jeweils eine Gruppe regenschirmbewehrter Anzugträger. Es sind zwei Kriegsparteien: die Chefetagen der Konzerne Equikrom und Burkett & Randle. Während der Vorspann läuft, beschimpfen sich die beiden Bosse, ohne dass man ihre Worte hört. In extremer Zeitlupe liefern sie sich einen bizarren Ringkampf in Regenmänteln, ein Ballett des Hasses, das in seiner Verfremdung schon wieder grazil wirkt.
Der Wettbewerb als Krieg – vor dieser Folie entspinnt sich der Plot von Tony Gilroys zweiter Regiearbeit nach dem großartigen »Michael Clayton«. Hat er sich mit diesem auf ernste – und spürbar engagierte – Weise mit der Macht und den Machenschaften von Konzernen beschäftigt und in seinen Drehbüchern zu zwei »Bourne«-Filmen mit den Versteckspielen der Geheimdienste, so bringt er in »Duplicity« diese Welten zusammen. Allerdings wählt er hier den satirischen Zugang. Das ganze Waffenarsenal moderner Spionage wird eingesetzt für den Erfolg von Schuppen-Shampoo und Tiefkühlpizza.
Zwischen den Fronten entspinnt sich eine Romanze: Ex-CIA-Agentin Claire Stenwick (Julia Roberts in ihrer ersten großen Hauptrolle nach einer Babypause) und der Ex-MI-6- Agent Ray Coval (Clive Owen, eben erst als Ermittler in Tykwers »International« zu sehen) verlieben sich ineinander. Als Geheimdienstler der Konzerne müssen sie im Kampf um das bessere Produkt ein Leben in Lug und Trug führen. Liebe gestaltet sich da schwierig, auch als die coolen Agenten beschließen, ihr eigenes Spiel zu spielen und beide Firmen auszutricksen. Sie haben sich so tief in Lügen und Misstrauen verstrickt, dass sie bis zuletzt nicht wissen, ob sie dem geliebten Menschen trauen können. Auch der Zuschauer ist angehalten, stets einen doppelten Boden zu vermuten. Jeder könnte eine Marionette sein, auch wenn er glaubt, die Strippen zu ziehen. Als Reflexionsebene ist dies eine Stärke des Films, in der Praxis aber leider ermüdend.
Die zahlreichen Zeitsprünge von einem mondänen Schauplatz zum anderen, von eieiner Finte zu ihrer Entlarvung, die sich wiederum als weitere Finte herausstellen könnte, machen stellenweise nur unübersichtlich, was spannend sein soll. Auch der häufige Einsatz von »Split Screens« bleibt eine leere Stilattitüde, obwohl die sonstige visuelle Gestaltung gelungen ist. Die äußerst grafischen Bilder von Kameramann Robert Elswit kontrastieren klug die kalten Machtzonen und »War Rooms« der Konzerne mit einer nur scheinbar heimeligen Luxuswelt zwischen Rom und Dubai.
Stets ist erahnbar, auf welches Ergebnis Gilroy zielt: eine schwungvolle, leidenschaftliche, mit Ironie und messerscharfen Dialogen gewürzte Thrillerromanze um Schein und Sein à la »Charade«, »Über den Dächern von Nizza« oder »Der unsichtbare Dritte«. Auch Hitchcock trieb sein Konzept des »MacGuffin«, eines letztlich bedeutungslosen Objekts, um das herum sich die ganze Dynamik der Handlung entwickelt, manchmal auf die Spitze der Absurdität. Bei »Duplicity« dreht sich alles um ein angeblich bahnbrechendes Produkt, das der eine Konzern entwickelt und dessen Formel der andere ihm abluchsen will, um ihm zuvorzukommen. Als was sich dieses Produkt letztlich entpuppt, ist dabei ebenso unwichtig wie charmant, weil es zugleich als Zeichen unserer Zeit stehen bleibt: der pure Schein, um den alle Akteure geradezu schwindelerregend rotieren.
Weniger erregend ist leider das Zusammenspiel der beiden Stars, die hier zum zweiten Mal nach »Closer« ein Paar bilden. Zwischen Roberts und Owen springt leider kaum ein Funke über – und genau dieses Knistern hätte dem Film über manche Schwachstelle hinweggeholfen. Doch auch wenn sie miteinander im Bett liegen, scheinen sie auf merkwürdige Weise allein zu sein. Das mag an ihren Rollen liegen, am Paradox von Vorsicht und Liebeswallung. Das wirkt wie manche Fußballpartie: eine Menge sicherer Pässe ohne die entscheidende Idee.
Viel zündender agieren da die Nebendarsteller, Paul Giamatti als verbissener und grenzenlos von sich überzeugter Equikrom-Boss und Tom Wilkinson als wesentlich kühlerer Chef von Burkett & Randle. Trotz spärlicher Szenen entfaltet Wilkinson wie bereits in »Michael Clayton«, für den er eine Oscarnominierung erhielt, eine starke Präsenz. Der Irrsinn von Giamattis und Wilkinsons Regenringkampf bleibt eine der eindrucksvollsten Szenen des Films. Es gibt noch weitere Höhepunkte, etwa ein extrem spannend inszeniertes Versteckspiel, als es die chemische Formel des Produkts zu entwenden gilt. Doch das bleiben Einzelmomente in einem deutlich zu langen Verwirrspiel.
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