Kritik zu Doctor Strange in the Multiverse of Madness

© Marvel Studios

2022
Original-Titel: 
Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Filmstart in Deutschland: 
04.05.2022
L: 
126 Min
FSK: 
12

In seinem zweiten Marvel-Soloauftritt bekommt Doctor Stephen Strange die Gelegenheit, durch Parallelwelten zu reisen und sich selbst zu begegnen

Bewertung: 3
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Im Marvel-Universum hat Strange die Funktion eines Jokers. Seine Egozentrik macht den Superhelden aus der B-Liga zum unverzichtbaren Unruhestifter. So hat er in seinem letzten Auftritt in »Spider-Man: No Way Home« (2021) mit dem »Multiverse« versehentlich jene Büchse der Pandora geöffnet, deren Inhalt wohl alle kommenden Filme des Franchise prägen dürfte. Die von der String-Theorie inspirierte Idee eines »Multiversums« ist in der filmischen Praxis ein Win-win: Marvel-Autoren haben nun offiziell die Lizenz zur Kreation zig paralleler Universen und Superhelden-Versionen. Angedacht wurden diese »alternate realities« bereits in den Vorgängerfilmen, darunter im Serienableger »WandaVision«, in dem Ex-Avengerin und Hexe Wanda Maximoff sich eine tröstliche Parallelwelt als Vorstadthausfrau mit zwei Kindern zurechthexte. Weil das schiefging, kommt Scarlett Witch nun Dr. Strange in die Quere.

Der Versuch, die Fäden voriger Filme zu verknoten und neue Figuren einzuführen, gebiert ein Spektakel, das noch bizarrer ist als gewohnt und selbst Marvelogen verwirren dürfte. Zum Auftakt schickt Wanda einen einäugigen Riesenkraken, der ein Mädchen durch die Straßen von Manhattan jagt. America Chavez – Miss America – stolpert durch das Multiversum: eine Fähigkeit, die sie nicht kontrollieren kann, die sie aber für Wanda interessant macht. Stranges Versuch, die schnippische Jung-Superheldin zu beschützen, verschlimmbessert die Situation. Wenn Miss America unsere Welt mit sternförmigen Portalen wie einen Schweizer Käse durchlöchert, wird in psychedelischen Trips durch Zeit, Raum und Dr. Stranges faustischer Psyche die Frage »Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?« durch »Wo bin ich – und wo noch?« auf die Spitze getrieben.

Regisseur Sam Raimi, der mit seiner ­»Spider-Man«-Trilogie (2002–2007) zum weiteren Marvel-Kreis zählt, gibt mit diesem verschwenderischen Budenzauber, der einzig der Logik eines Traumes gehorcht, dem sonst so staatstragenden Marvel-Superhelden ein wenig von jener reuelos eskapistischen Unschuld der gedruckten Comics zurück. Er inszeniert Dr. Stranges Zappen durch Parallelwelten mit jenem leichtfüßig-sardonischen Humor, der bereits seinen Horrorklassiker »The Evil Dead« (Tanz der Teufel, 1981) auszeichnete, und schmuggelt Horrorelemente von A wie Avatar bis Z wie Zombie ein. Doch Benedict Cumberbatch ist auch in multipler Version mehr charismatisch als albern. Elizabeth Olsen verleiht Drama Queen Wanda anrührende Züge. Neuzugang Xochitl Gomez dagegen dient als Miss America vorrangig als »MacGuffin«, um die Handlung voranzutreiben.

Großartig ist das Set-Design, etwa mit à la »Inception« gefalteter Stadtarchitektur und übergrünten Hochhäusern als bester aller möglichen Hipsterwelten. Retrohippie-Esoterik wie die Chronik von Akasha und Zeichentricksequenzen wetteifern um Aufmerksamkeit. Die schönsten Aha-Momente sind aber Überraschungsgäste aus dem Fantasy-Genre. Dass der schillernde Nonsense nur die banale Botschaft »Es gibt kein wahres Leben im falschen« transportiert, ändert nichts daran, dass Doctor Stranges Reisen viel Spaß machen.

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