Kritik zu Django – Ein Leben für die Musik

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In diesem Porträt von Django Reinhardt wird eine Phase im Leben des legendären Jazzgitarristen geschildert, in der er vor den Nazis untertauchte, um sich, als Angehöriger der verfolgten Sinti, den Gefahren einer Deutschlandtournee zu entziehen

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In einer Szene in Schlöndorffs »Die Blechtrommel« infiziert Oskar mit seiner Trommel die Marschmusik einer Nazikundgebung mit einem Rhythmus-»Break«. Die martialischen Fanfaren verwandeln sich in einen Walzer, die Gesichter entkrampfen sich und alle beginnen selig zu schwoofen. Django Reinhardts Gypsy Swing hat in Etienne Comars Film eine noch stärkere Wirkung. Nach einem Konzert im besetzten Paris 1943, bei dem auch die Braunhemden mit den Füßen zucken, wird der Jazzgitarrist auf eine Tournee nach Deutschland zwangseingeladen. Spielen darf er dort aber nur, wenn er die Breaks in einer exakt angegebenen Prozentzahl reduziert. Dieselben Vorgaben werden von Django Monate später in einem Konzert vor Nazis und Milizen in Thonon-les-Bains an der Schweizer Grenze natürlich königlich ignoriert. Stattdessen verwandelt er mit seinen Rhythmen die elegante Soirée in eine wilde Orgie.

Die Einladung nach Deutschland und das Konzert in der Villa Amphion sind historisch belegt; ob die Nazis tatsächlich solche Musikbanausen waren, ist dagegen unbekannt. Bezogen auf Django Reinhardt weiß man von diesem Lebensabschnitt nur, dass er sich der Einladung nach Deutschland entzog. Angesichts der zunehmenden Verfolgung der Sinti wurde auch ihm, der dank seiner Popularität bisher unbehelligt auftreten konnte, der Boden unter den Füßen zu heiß. Er versuchte mit seiner Familie in die Schweiz zu fliehen, strandete aber am Genfer See. Im Film wird gezeigt, wie er Verwandten, die dort ihr Lager aufgeschlagen haben, begegnet und angesichts ihrer Not politisches Bewusstsein entwickelt.

Statt bieder chronologische Fakten abzuhaken, versucht sich Regiedebütant Comar in den Musiker einzufühlen und zugleich an das Schicksal der Sinti zu erinnern – und wird mit seiner abwechselnd hochspekulativen und dürren Schilderung keinem von beiden gerecht. Die Informationen über die Jazzikone sind für den nichtwissenden Zuschauer zu dürftig. Reda Kateb überzeugt zwar als großer Schweiger, dem nicht nur wegen seiner nonkonformistischen Künstlernatur, sondern auch wegen seines Außenseiterstatus der Krieg der »Gadjés« ein unverständliches Phänomen ist. Mit katzenhafter Nonchalance ignoriert er alle Regeln und erst recht den Wahn der Nazis; dass er nicht nach Deutschland will, scheint einer instinktiven Abneigung geschuldet. Gern hätte man auch mehr erfahren über Reinhardts Verwandte, gespielt von Laiendarstellern der im lothringischen Forbach ansässigen Manouches, die im Film das selten gehörte Romani sprechen und als hervor­ragende Musiker auffallen.

Statt sich mehr diesen Menschen und den Konzerten (eingespielt vom Rosenberg Trio) zu widmen, wird leider erkleckliche Filmzeit mit einer fiktiven Figur vertan. Cécile de France als Geliebte Louise, schön und cool wie Lauren Bacall und schwankend zwischen Kollaboration und Résistance, dient vor allem als kitschiges Damenopfer. Wenn man sich am Ende mehr dafür interessiert, was aus Louise wird als aus Django, dann ist etwas ziemlich schiefgelaufen.

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