Kritik zu Die nackte Wahrheit
. . . ist natürlich die, dass Männer nur das eine wollen, während Frauen genau den am meisten begehren, den sie vorgeblich völlig ablehnen: Katherine Heigl und Gerald Butler in den Rollen von grauer Maus und Macho, die ein Paar werden müssen
Romantische Komödien definieren sich über Accessoires, insbesondere über Schuhe. Rutscht die Karrierefrau auf ihren hohen Hacken aus, begibt sie sich auf Augenhöhe zu ihrem potenziell geerdeten Partner. Die Büromaus in flachen Tretern dagegen steigt stante pede zur Femme fatale auf, wenn sie High Heels trägt und den Push-up-BH anlegt. Diese Rüstung gefällt dem Macho, den es zu erobern gilt.
Durch solch einfach strukturierte Parallelwelten, in denen infolge von temporärer Mimikry jeder bekommt, was er verdient, geistern Schauspielerinnen wie Sandra Bullock, Kate Hudson und hier Katherine Heigl. Blieb Bullock kürzlich in »Selbst ist die Braut« mit dem hohem Absatz ihrer Edelschuhe im provinziellen Erdreich stecken, das sie an der Seite ihres fingierten Verlobten betreten musste, schlüpft Heigl jetzt in »Die nackte Wahrheit« widerstrebend aus der Bürokluft in das Kostüm der Sirene – inklusive Pumps, Haarverlängerung und vibrierendem Unterhöschen. Letzteres mag einem nicht vertraut sein, aber die Drehbuchautorinnen, drei an der Zahl, haben ihre Lektion wohl bei Harry und Sally gelernt: Nichts ist so amüsant wie ein weiblicher Orgasmus in der Öffentlichkeit. Selbst ein erzwungener.
Katherine Heigl spielt die gehetzte TV-Produzentin Abby, eine Karrierefrau, deren Motto: »Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen« sich zwar im Berufs-, aber weniger in ihrem Privatleben durchgesetzt hat. Abby hakt Verabredungen wie professionelle Meetings ab: Die Recherche erledigt die Assistentin. Deren Checkliste wird bei den Treffen mit dem jeweiligen Mann akkurat abgearbeitet. Wen wundert es, dass bei diesem unsympathischen Kontrollverhalten keiner ein zweites Mal anruft? Da naht die Rettung in Gestalt eines selbst ernannten Experten für Geschlechterfragen: Mike (Gerard Butler), ein gedrungener, muskulöser Typ, moderiert die Sendung »Die nackte Wahrheit« und soll als Gast in der von Abby betreuten Morgenshow die mageren Quoten in die Höhe treiben. Seine derben Kommentare über das Verhältnis von Männern und Frauen kommen bei den Zuschauern gut an. Die Produzentin jedoch reagiert allergisch auf den unkultivierten Sprücheklopfer (zusammengefasst: Männer reagieren nur auf das Äußere einer Frau) und streitet vehement für die romantische Seite der Gefühle. Sie lässt sich aber auf eine Wette ein, als sie sich in ihren Nachbarn Colin verliebt: Mike soll sie nach seiner Fasson trainieren und an den Mann bringen. Der Deal: Wenn er scheitert, verlässt er den Sender.
Wie ein tapferer Rekrut unterzieht sich Abby Mikes Bootcamp: Sie streckt auf Kommando ihre Brüste raus und steckt sich einen Hot Dog lasziv in den Mund. Doch der Erfolg der Widerspenstigen Zähmung schmeckt den Kontrahenten nur bedingt, denn der Lehrer verliebt sich in die Elevin – und umgekehrt. Wer hier nach allseitigen Momenten der Läuterung das letzte Wort hat und vor dem finalen Kuss »Shut up!« sagen darf, ist klar. Denn diese zotenreiche Burleske wird so routiniert abgespult, dass man schon nach zwei Minuten weiß, wohin sie führen soll.
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