Kritik zu Die Mafia mordet nur im Sommer

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2013
Original-Titel: 
Die mafia mordet nur im Sommer
Filmstart in Deutschland: 
04.06.2015
L: 
90 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Der Satiriker Pierfrancesco Diliberto erzählt in Form eines Schelmenromans von den sehr realen Verstrickungen von Cosa Nostra und italienischer Politik im Sizilien der 70er bis 80er Jahre

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Die Eltern des kleinen Arturo sind wenig begeistert, dass Sohnemanns erstes Wort nicht »Mama« oder »Papa« ist – sondern »Mafia«. Auch sonst hinterlässt die »ehrenwerte Gesellschaft« tiefe Spuren in der frühkindlichen Prägung des Jungen. Im Grunde verdankt Arturo der Cosa Nostra sogar sein Leben: Gezeugt am Tag der Wahl von Vito Ciancimino, einem berüchtigten italienischen Politiker, gewinnt seine Samenzelle das Wettrennen gegen die Konkurrenz nur, weil Arturo schon in diesem frühen Stadium nicht der hellste Stern am Firmament ist. Während die Eltern in der ersten Hochzeitsnacht in guter katholischer Manier ihren ehelichen Pflichten nachgehen, richtet die Mafia ein Stockwerk tiefer einen unliebsamen Zeugen hin. Die anderen Spermien bringen sich beim Geräusch der Maschinengewehrsalven lieber in Sicherheit, so dass Arturo unbehelligt ins Ziel trudelt.

Die animierte Eröffnungssequenz von Die Mafia mordet nur im Sommer unterstreicht, dass der italienische Satiriker Pierfrancesco Diliberto (genannt Pif) einen entschieden anderen Ansatz wählt als Matteo Garrone mit Gomorrha. Diliberto ist eine Art italienischer Jon Stewart mit hochironischem Blick auf die Verquickungen von Politik und organisiertem Verbrechen im Palermo der 80er und 90er Jahre. Vor allem aber nimmt er die gewollte Ignoranz der Sizilianer ins Visier, die – in einer sehr komischen Montagesequenz – alle möglichen Mythen erfinden, um die Taten der Mafia zu erklären. Eine dieser Legenden steht im Zusammenhang mit dem zweiten Fixpunkt im Leben des kleinen (und später auch des erwachsenen) Arturo, der schon in jungen Jahren eine Obsession für den ehemaligen Ministerpräsidenten Andreotti, ebenfalls eine dubiose Figur der italienischen Politik jener Jahre, entwickelt: Er hat sich in seine Klassenkameradin Flora verknallt, traut sich aber lange nicht, sie anzusprechen, weil laut eines Gerüchts in seiner Nachbarschaft die vielen Toten nicht Opfer der Mafia, sondern ihrer Libido wurden.

Diesen Modus der Umdeutung, die kindliche Perspektive auf die Politik der Erwachsenen, hat Diliberto von Andrew Flemings Ich liebe Dick übernommen, in dem Kirsten Dunst und Michelle Williams als naive Dogsitter des amerikanischen Präsidenten in die Watergate-Affäre verstrickt werden. Das Trauma der Mafiamorde ist in Italien bis heute gegenwärtig, vielleicht blickt Diliberto also eher aus Rücksichtnahme mit einem leicht nostalgischen Unterton auf dieses Kapitel der italienischen Geschichte zurück.

In Die Mafia mordet nur im Sommer verschmelzen Fiktion und reale Begebenheiten in einer Forrest Gump-ähnlichen Geschichte, die manchmal mehr Biss vertragen hätte. Die erste Stunde mit dem jungen Arturo ist erzählerisch stimmiger als das letzte Drittel, in dem Diliberto (der den erwachsenen Arturo spielt) die Politik zugunsten einer etwas albernen Romcom aus den Augen verliert. Der Komiker meint es dennoch ernst: in der Schlusssequenz würdigt er die Politiker, Journalisten und Richter, die im Kampf gegen die Mafia ihr Leben lassen mussten.

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