Kritik zu Die Liebe seines Lebens
Jonathan Teplitzky macht mit seiner Verfilmung der Überlebensgeschichte eines britischen Kriegsveteranen dort weiter, wo Angelina Jolie in Unbroken aufgehört hat: bei der Bewältigung der traumatischen Erlebnisse nach dem Krieg
Anfang des Jahres hatte bereits Angelina Jolie mit Unbroken die cineastische Aufmerksamkeit auf die brutalen Praktiken in japanischen Kriegsgefangenenlagern während des Zweiten Weltkrieges gelenkt. Ihr Film illustrierte die Überlebensgeschichte des Olympialäufers Louis Zamperini im Märtyrerformat und hörte genau dort auf, wo es hätte interessant werden können. Denn nach dem Krieg unterzog sich Zamperini einer psychologischen Behandlung und engagierte sich für die Aussöhnung mit dem Kriegsgegner. Hier – bei der Traumabewältigung – setzt nun die britisch-australische Produktion Die Liebe seines Lebens von Jonathan Teplitzky an.
Zugrunde liegt eine weitere Autobiografie eines ehemaligen Kriegsgefangenen. Colin Firth spielt den britischen Veteranen Eric Lomax, der Jahrzehnte später noch von seinen Erinnerungen an die japanischen Arbeitslager eingeholt wird. Der scheue Eisenbahnfan lernt auf einer Zugfahrt die frühere Krankenschwester Patti (Nicole Kidman) kennen. Frisch verliebt und verheiratet scheint sein Leben endlich eine glückliche Wendung zu nehmen. Aber schon in der Hochzeitsnacht wird Eric wieder von seinen Alpträumen heimgesucht.
In einer Rückblendendramaturgie werden nach und nach die schrecklichen Erinnerungen ins Bild gefasst: Beim Fall von Singapur müssen sich die britischen Soldaten 1942 den japanischen Streitkräften ergeben und werden zum Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Thailand und Burma in den Dschungel verschleppt. Dem 21-jährigen Funktechniker Eric (Jeremy Irvine) gelingt es, aus hineingeschmuggelten Teilen einen Radioempfänger zu bauen. Als man das Gerät bei ihm findet, wird er unter Spionageverdacht wochenlang gefoltert. Als Eric Jahrzehnte später erfährt, dass sein früherer Peiniger auf dem ehemaligen Lagergelände eine Gedenkstätte betreibt, reist er dorthin mit dem festen Vorsatz, den Mann umzubringen.
So eindringlich die Bilder aus dem Gefangenenlager auch inszeniert sind, erscheint das Vorhaben, sich Rückblende für Rückblende immer tiefer in die Schrecken der Erinnerung vorzuarbeiten, doch ein wenig simpel. Traumabewältigung ist ein komplexer Prozess, der sich nicht so leicht in eine konventionelle Filmästhetik pressen lässt. Colin Firth hat zwar schon in A Single Man und The King's Speech bewiesen, dass er eine hohe schauspielerische Sensibilität für die Emotionen verkapselter Charaktere besitzt. Aber hier wird er zum Gefangenen eines Konzepts, das versucht, die Verarbeitung grausamster Kriegserlebnisse mit einer romantischen Liebesgeschichte zu kreuzen. Dabei erweist sich Nicole Kidman mit ihrer ätherisch-gelifteten Aura als fatale Fehlbesetzung; sie kann ihrer Rolle nicht die notwendige Erdung verleihen. Die Verarbeitung von Kriegstraumata und der Versöhnungsprozess zwischen Tätern und Opfern sind damals wie heute Themen von zentraler, gesellschaftlicher Bedeutung. Umso bedauerlicher, dass Teplitzky sein hochinteressantes Sujet nicht frei atmen lässt und alle Widersprüche in vorformatierten Erzählsträngen kanalisiert.
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