Kritik zu Die Chroniken von Narnia – Die Reise auf der Morgenröte
Michael Apted inszeniert den dritten Teil der Fantasysaga nach C. S. Lewis
Das düstere Actionspektakel »Die Chroniken von Narnia – Prinz Kaspian von Narnia« erwies sich als Flop. Deshalb knüpft die dritte Kinoadaption von C. S. Lewis' Fantasysaga an das erfolgreiche Konzept des ersten Teils von 2005 an. Als geruhsam inszenierter Familienfilm setzt »Die Reise auf der Morgenröte« vor allem auf eines: Die bekannten, allzu bekannten Motive des Abenteuergenres sollen mittels 3-D-Optik in neuem Glanz erstrahlen.
Anfangs funktioniert das durchaus. Die beiden jüngeren Pevensie-Geschwister Edmund und Lucy streiten mit ihrem zickigen Cousin Eustachius, als das gemalte Wasser auf einem Ölbild so sehr in Wallung gerät, dass ihr Zimmer wie eine Kabine der Titanic überflutet – und man sogar im Kinosaal unwillkürlich Angst vor nassen Füßen bekommt. Kaum aus den Tiefen aufgetaucht, da erwartet ihr inzwischen zum König gekrönter Freund Kaspian das Trio auf der Morgenröte. Der Wechsel aus dem England des Zweiten Weltkriegs an die Küste Narnias erfolgt im Nu. Es bedarf keiner Erklärung, im Serienkino sind die Charaktere eingeführt, und es ist mehr oder weniger klar, wohin die Reise geht. Wer als Zuschauer zum ersten Mal an Bord des Segelschiffes ist, identifiziert sich mit dem kleinen Eustachius, der aus Unwissenheit mit einer Möwe parlieren will. So zieht er sich das schallende Gelächter jener Tier- und Fabelwesen zu, die tatsächlich sprechen. Die selbstironische Szene bleibt eine Ausnahme in dem Piratenfilm, der streckenweise wie ein Remake zu »Fluch der Karibik« daherkommt – allerdings ohne Knochenmänner und Glibberekel. Originell sind nur wenige Figuren, etwa die einfüßigen Scheinriesen, die zunächst unsichtbar sind. Wenn aber gegen Ende die Seeschlange mit ihren sieben Reihen Zähnen auftaucht, würde man gerne mit der Fernbedienung vorspulen.
Auf ihrer Mission, bei der es nicht um Ringe, sondern um Schwerter geht, werden Edmund, Lucy und Eustachius mit den eigenen Ängsten konfrontiert. Gemäß der typischen Frauenrolle muss das Mädchen sich mit ihrer Eitelkeit auseinandersetzen und der Junge das Problem mit Reichtum und Besitz überwinden. Und wenn der zornige Eustachius sich vorübergehend in einen Feuer speienden Drachen verwandelt, dann ist dies in konventioneller Psychologensprache eine heilsame Identifizierung mit seinem Symptom.
Ungeachtet der 3-D-Optik erscheinen die Charaktere eher eindimensional. Wie schon der computeranimierte Gollum, der in »Der Herr der Ringe« »schauspielerisch« am meisten überzeugte, fallen in »Narnia« die Darsteller aus Fleisch und Blut gegenüber der eloquenten Pixelmaus Reepicheep deutlich ab. Das Böse bleibt in diesem von Michael Apted konventionell in Szene gesetzten Spektakel etwas zahnlos. Und der Effekt räumlicher Tiefe verbraucht sich überraschend schnell. Da die beiden für die Stereoskopie notwendigen Einzelbilder nicht perfekt überlappen, kommt es zu einem Weichzeichnereffekt, der das Kinobild wie gemalt erscheinen lässt. Tatsächlich entsteht in der Erinnerung der irritierende Eindruck, einen Animationsfilm gesehen zu haben. Irgendwie ist es jetzt genug mit dieser Fantasy.
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