Kritik zu Die Bucht
Flipper war unser bester Freund. Wie konnte es also passieren, dass Delfine wie er von der Freizeitindustrie verheizt und sogar in Massen abgeschlachtet werden? Der ehemalige Tiertrainer Ric O'Barry hat darüber einen drastischen Dokumentarfilm gedreht
Eine ganze Generation von Fernsehzuschauern kennt und liebt Flipper, den menschenfreundlichen und oberschlauen Delfin aus der gleichnamigen amerikanischen TV-Serie aus den sechziger Jahren.
Doch wie wir jetzt erfahren müssen, wurde der sympathische Tierstar in Wirklichkeit gleich von fünf verschiedenen Delfinen dargestellt. Richard »Ric« O'Barry war damals der Erste, der es sich zutraute, Delfine zu fangen und zu dressieren. »Flipper« wurde zu einem Erfolg, der O'Barry wohlhabend machte und eine weltweite Begeisterung für Delfine auslöste. Als eines seiner Flipper-Doubles aus Gram über die Gefangenschaft in seinen Armen stirbt, beginnt O'Barry jedoch radikal umzudenken.
Seitdem fühlt er sich mitverantwortlich für die heutige Ausbeutung der Delfine durch eine milliardenschwere Freizeitindustrie – der Delfinarien, Delfinshows und Tauchganganbieter – und kämpft unermüdlich auf der ganzen Welt für die Freilassung und den Schutz der intelligenten Meeressäuger. Ein besonderer Dorn im Auge ist O'Barry das japanische Fischerdorf Taiji. Hier treiben die Fischer jedes Jahr im September Delfinherden in eine versteckte Bucht. Große Tümmler werden aussortiert und an Vergnügungsparks in der ganzen Welt verkauft. Die anderen Tiere werden abgeschlachtet und landen, zum Teil als teures Walfleisch deklariert, in den heimischen Supermärkten. »Es gibt ein internationales Verbot, Wale kommerziell zu töten. Dieses Verbot gilt aber nicht für Kleinwale und somit nicht für die Jagd auf Delfine«, sagt O'Barry.
Der Film zeigt, wie er gemeinsam mit dem Regisseur Louie Psihoyos und einem Team von Tauchern, Surfern und Unterwasserfilmern zu einer Undercovermission nach Japan aufbricht. Sie wollen die blutige Delfinjagd in der abgeschirmten Bucht heimlich filmen und so aufdecken, was sowohl der japanischen wie auch der internationalen Öffentlichkeit lange verschwiegen geblieben ist. Dabei stoßen sie auf heftige Widerstände der Polizei, der lokalen Behörden in Taiji und der Fischer, die handgreiflich werden.
Die Bucht prangert sehr eindringlich die Delfinjagd in dem kleinen japanischen Fischerdorf an. Ganz so, als wäre die Bezeichnung »Dokumentarfilm« ein Schimpfwort, bewirbt der Verleih den erschütternden Film als »Öko-Thriller« und einen Mix aus Im Rausch der Tiefe und James Bond.
Dabei wird der radikale Aktivismus von O'Barry und seinen Mannen zum spaßigen Abenteuerurlaub mit speziellem Nervenkitzel abgeschwächt. Auch wenn sich im Kleingedruckten der Hinweis findet, dass der Film von Kindern und sensiblen Personen als problematisch empfunden werden könnte: also nicht unter zwölf zu empfehlen.
Die mit den Stilmitteln und Manipulationsmechanismen des Spielfilms spannend und rasant inszenierte Dokumentation setzt jedenfalls mit den drastischen Bildern des alljährlichen Delfinmassakers ganz gezielt auf die Entrüstung des Publikums und fordert es auf, selbst aktiv zu werden. Jeden, der mal einen soft spot für Flipper hatte, müsste es bei diesen Szenen schütteln.
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