Kritik zu Der Spion

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Damals im Kalten Krieg: Benedict Cumberbatch spielt einen betont unscheinbaren Agenten zwischen Ost und West

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Greville Wynne ist ein nicht mehr ganz junger Geschäftsmann, der ein bisschen zu viel trinkt und allgemein nicht sonderlich fit ist, ziemlich durchschnittlich und insgesamt das Gegenteil von »ins Auge stechend«. Nach einem Topspion à la James Bond klingt das nicht, doch genau deswegen gerät der Brite 1960 überhaupt ins Visier von MI6 und CIA. Denn die suchen für eine Mission, deren Ziel nichts weniger als die Verhinderung eines atomaren Weltkriegs ist, einen möglichst unauffälligen Amateur.

So ähnlich ist es damals im Kalten Krieg tatsächlich gewesen, schließlich basiert »Der Spion« auf wahren Begebenheiten. Der sowjetische Geheimdienstmitarbeiter Oleg Penkovsky (Merab Ninidze) fürchtet das Schlimmste und will, auch auf die Gefahr hin als Verräter enttarnt zu werden, seinen Teil zu einer Deeskalation zwischen der UdSSR und dem Westen beitragen. Nach einer ersten Kontaktaufnahme muss ein Kurier her, jemand, der ohne ins Visier des KGB zu geraten, zwischen London und Moskau hin- und herreisen kann. Die Wahl der Verantwortlichen fällt auf Wynne (Benedict Cumberbatch), der anfangs eher widerwillig und vor allem ängstlich, aber dann doch mit Engagement bei der Sache ist. Zwischen den beiden Familienvätern entwickelt sich eine intensiver werdende Freundschaft, die sie nicht zuletzt dann umso stärker zusammenschweißt, je enger sich die Schlingen um ihren Hals legen und sie aufzufliegen drohen.

So faszinierend die Ereignisse sind, von denen »Der Spion« erzählt (und die in der realen Geschichte des Kalten Krieges eher eine Fußnote sind), so konventionell ist der Film selbst geraten. Regisseur Dominic Cooke, bekannt vor allem für seine Theaterarbeiten, setzt seinen ersten Film seit der Roman­a­daption »On Chesil Beach« exakt so um, wie man auch vergleichbare Geschichten schon gesehen hat. Gediegen und mit einer guten Portion Prestige-Flair, ein wenig bieder, aber grundsolide, sehenswert ausgestattet und mit vielen Grau- und Brauntönen ist der Film nicht nur inhaltlich so etwas wie der kleine Bruder von Spielbergs »Bridge of Spies«. Das ist nicht unbedingt verkehrt. Aber eben auch nicht sonderlich einfallsreich oder packend.

Was dem Film gutgetan hätte, wäre ein wenig mehr Raum und Tiefe gerade in der ersten Filmhälfte, um seinen letztlich ausgesprochen mutigen Protagonisten greifbarer zu machen, in seiner Motivation genauso wie in den Beziehungen zu Penkovsky oder auch zu seiner Ehefrau. Letztere ist als Figur reichlich undankbar, doch Jessie Buckley gelingt es auf bemerkenswerte Weise, das meiste aus ihr herauszuholen. Auch Ninidze, der im erwähnten Spielberg-Drama ebenso zu sehen war wie in »Homeland« oder »McMafia«, überzeugt einmal mehr. Doch letztlich dreht sich alles um Cumberbatch, der auch als Produzent verantwortlich zeichnet und immer schon als Otto Normalverbraucher mindestens so gut war wie als arrogantes Genie. Ob ausgemergelt im Gefängnis oder bei bewegendem Ballett-Besuch – so gut wie hier war er lange nicht.

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