Kritik zu Der serbische Anwalt

© Barnsteiner

Aleksandar Nikolic porträtiert den serbischen Juristen Marko Sladojevic, den Verteidiger des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Radovan Karadzic

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Wie kann er das nur tun, wird Marko Sladojevic in Aleksandar Nikolic' Dokumentarfilm »Der serbische Anwalt« immer wieder gefragt. Ein »Tier«, einen »Massenmörder« vor Gericht vertreten? Die Beschreibung gilt dem ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic, dem das UN-Kriegsverbrechertribunal für Exjugoslawien in Den Haag den Prozess macht. Der serbische Jurist Marko Sladojevic arbeitet als Rechtsbeistand für Karadzic.

Dabei hat er als Junge Anfang der 90er Jahre den Zerfall Jugoslawiens und den Bürgerkrieg miterlebt. Sladojevic war ein Kritiker des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und seines Regimes. Milosevic, den Sladojevic auch juristisch beraten hat, sowie Radovan Karadzic und Armeechef Ratko Mladic machte das UN-Kriegsverbrechertribunal »ethnische Säuberungen« in den von Serben beanspruchten Teilen Bosniens zum Vorwurf. Karadzics Verantwortung für die Hinrichtung von rund 8 000 muslimischen Jungen und Männern im Juli 1995 in Srebrenica ist zentraler Bestandteil der Anklage. 2009 begann der Prozess gegen Karadzic in Den Haag, das Urteil wird in diesem Oktober erwartet. Karadzic, der sich selbst vor Gericht verteidigte, hat stets alle Vorwürfe bestritten.

Vor der Kamera erscheint Sladojevic, der 1999 seine Heimat verließ und ab 2000 im niederländischen Leiden Jura studierte, als nachdenklicher, sensibler und beredter Mann. Karadzic sei »ein ganz normaler Typ«, sagt er in einem Radiointerview. Vor Gericht gehe es um Schuld oder Unschuld, um Fakten vor allem und um Recht und Verfassung. Ein Prozess sei keine Glaubenssache. Die Kamera nimmt den Anwalt im verständnisvollen Dialog mit den Schwiegereltern und im Streitgespräch mit einem Freund auf. Sladojevic beharrt auf der kühlen Logik des Juristen, der sich durch »Propaganda und Tricks« nicht irritieren lassen dürfe. Der große, spektakuläre Prozess, das wird deutlich, schmeichelt seiner Eitelkeit. Aber immer wieder nimmt die Kamera auch nervöse Gesten auf.

Der spannende, aufklärerische Film, der den historischen Hintergrund mit grausamen Bildern vom Krieg und Super-8-Material aus Sladojevics friedlicher Kindheit rekonstruiert, bildet unterschiedliche Positionen ab. Er belegt am Beispiel der Massaker auf dem Sarajevoer Altstadtmarkt, wie schwierig die juristische Aufarbeitung eines Krieges selbst bei vergleichsweise guter Quellenlage ist. Sladojevic diskutiert mit Ballistikexperten gruselige Details. Angehörige von Opfern kommen in hoch­emotionalen Szenen zu Wort. Der Anwalt reist von Ort zu Ort, er musste sich mit insgesamt rund 600 Zeugen und 11 500 Beweisstücken beschäftigen. Um am Ende einzuräumen: »Je mehr ich weiß, desto weniger verstehe ich.«

Die Arbeit, die tägliche Konfrontation mit den Folgen exzessiver Gewalt hat ihn verändert. So etwas, sagt er, »tötet deine Gefühle«. Sladojevic will ein Buch über den Bosnienkrieg schreiben, um so vielleicht zur Wahrheit vorzudringen.

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