Kritik zu Der Samurai
Gartenzwerge, Hunde und Menschen verlieren ihre Köpfe, dass es nur so spritzt: ein vielversprechender DFFB-Abschlussfilm
Der deutsche Wald ist ein Ort der Romantik. Selbst wenn er Leichen beherbergt, geht ein Rauschen durch seine Blätter. Krimi ist drin, Horror kann der deutsche Wald nicht. So meint man zumindest. Und dann kommt dieser kleine Genrefilm aus Berlin und beweist, dass man vor lauter Bäumen den Schrecken nicht gesehen hat.
Natürlich ist all das eine Frage der Perspektive, aber eines ist Der Samurai in jedem Fall: ein Hoffnungsschimmer für den deutschen Genrefilm. Till Kleinerts Abschlussfilm an der DFFB ist fast nur ein Moment. Ein Versuch, knapp 80 Minuten lang, der kaum mehr als fünf Figuren und eine einfache Handlungslinie hat. Ein blondes Wesen in einem Nachthemd mit einem asiatischen Langschwert taucht in einem Dorf am Waldrand auf und beginnt mit seiner Zerstörung. Erst sind es nur Gartenzwerge, dann kommen Hunde und schließlich Menschen dran. Immer brutaler werden seine Attacken, immer härter reagiert der Film. Gejagt wird dieser Samurai von eigenen Gnaden von einem jungen Polizisten, zu großen Teilen im Dunkel der Nacht und ohne klares Konzept, aber mit zunehmender Besessenheit. Bis beide zum bitteren Ende eins werden. Die wenigen Worte, die in diesem Film gesprochen werden, haben eine existenzielle Note, umkreisen das Feld von Mord, Selbstmord und Tod und passen sich in das Genre ein. Dass Horror auch in Deutschland keine banale Verkettung von Schreckmomenten sein muss, auch das zeigt dieser Film auf brillante Weise. In Schnitt und Bildlichkeit ist er bestes Handwerk und hoffentlich an der Hochschule dementsprechend bewertet worden.
Vielleicht aber gibt es noch einen weiteren Grund dafür, dass dieser Film entstehen konnte, und das ist die Idee des Kollektivs. Hinter dem Samurai steht das Kollektiv Schattenkante. Es besteht aus der Produzentin Anna de Paoli, ihrem Freund und Lebenspartner, dem Regisseur Linus de Paoli, sowie Till Kleinert. Einige weitere Mitglieder haben sich inzwischen für andere Wege entschieden. Im Kollektiv ist man nicht nur mutiger, man ist auch eher unabhängig von Fördermitteln und anderen Einschränkungen. Crowdfunding zum Beispiel ist da ein Mittel, Filme zu realisieren, die nicht ins Konzept der Fernsehanstalten passen. Der Samurai ist ohne Fernsehförderung entstanden, obwohl er in seiner Kompromisslosigkeit gerade dort für frischen Wind sorgen würde. Der deutsche Film bewegt sich. Während einerseits Filme entstehen, die sich zwischen Improvisation, Dokumentation und Drehbuch bewegen, kommen auch hochkonzentrierte Genrefilme wie Robin Hood, der Thriller aus der Welt der Banken von Martin Schreier, oder eben Der Samurai von Till Kleinert aus Deutschland. Man kann nur hoffen, dass sich in einem Land, das von einer Filmindustrie denkbar weit entfernt ist, Mittel und Wege finden werden, solche Talente wie Kleinert weiter zu beschäftigen.
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