Kritik zu Das Ende der Wahrheit
Genrekino made in Germany: Philipp Leinemann hat mit Ronald Zehrfeld in der Hauptrolle einen Politthriller gedreht, der den deutschen Geheimdienst mit einer komplexen Fallgeschichte unter die Lupe nimmt
Wenn ein besonders gelungener Politthriller aus den USA in unsere Kinos gelangt, kommen mitunter folgende Fragen auf: Wo ist der Film, der die Arbeit etwa des Bundesnachrichtendienstes kritisch beleuchtet? Wo die Parabel auf das Kanzleramt? Mit dem Thriller »Das Ende der Wahrheit« legt Philipp Leinemann (»Wir waren Könige«) nun einen Film vor, der in der Sphäre der Geheimdienste angesiedelt ist. Und »Das Ende der Wahrheit« ist nicht nur komplex gebaut (Drehbuch ebenfalls Leinemann), sondern weist auch Kinobilder auf (Kamera: Christian Stangassinger).
Alles beginnt mit einem Idyll am See. Hier verbringt Martin Behrens, Zentralasienexperte beim BND, eine Nacht mit der Journalistin Aurice Köhler, die, wie sich später herausstellt, an einer großen Sache dran ist. Nachdem sie während einer Pressekonferenz von BND und Verfassungsschutz ein paar unbequeme Fragen gestellt hat, wird sie bei einem Terroranschlag in einem Münchener Restaurant erschossen. Köhlers Tod ist für Behrens in mehrfacher Hinsicht folgenreich. Einerseits wird er wegen der heiklen Affäre mit einer Medienfrau beruflich kaltgestellt; andererseits beginnt er wegen der verdächtigen Umstände des Todes seiner Geliebten, an seiner Arbeit und seinem Arbeitgeber zu zweifeln.
Das scheint zwar etwas spät, immerhin handelt es sich bei Behrens um ein reflektiertes Wesen, aber der Film wirft doch gewichtige Themen auf. Da geht es nicht nur um US-Drohneneinsätze, die von Ramstein aus gesteuert werden, und um die Verbindung von deutschen Geheimdienstmitarbeitern zur Waffenlobby, sondern auch um den Umgang mit ausgewählten Asylbewerbern, denen vom BND im Auftrag der CIA wichtige Informationen zu Terrorverdächtigen abgepresst werden.
Gleich die Eingangsszene des Films zeigt Behrens als durchaus skrupellose Figur bei einer Anhörung in der Tarnidentität als Übersetzer. Wenig später werden die Arbeits- und Organisationsprinzipien bei BND und Verfassungsschutz, mit ihren sogenannten »Arbeitsgruppen für Geopolitik« und »Logistikfirmen«, in wunderbar scharfen Dialogen verdeutlicht. Der illusionslose, sogar analytische Blick auf regierungsbehördliche Strukturen, Usancen und Operationen in eher fahl beleuchteten denn unnötig symbolisch verschatteten Räumen ist ebenso das große Plus von Das Ende der Wahrheit wie die integre Inszenierung: Die Würde der Opfer bleibt gewahrt; die Täter werden indes hart ins Bild gerückt.
Darüber hinaus wird hier nach dem politischen und gesellschaftlichen Selbstverständnis eines demokratischen Staates gefragt. »Wir benutzen Leute. Das ist unser Beruf«, sagt Behrens' Vorgesetzte Aline Schilling einmal. Claudia Michelsen verkörpert diese Nebenrolle mit der ihr eigenen, bewundernswerten Autorität. Ronald Zehrfeld bringt die nötige Gravität ein, wirkt aber doch etwas zu gut für diese Welt der Geheimdienste. Die darstellerische Sensation jedoch ist Alexander Fehling als BND-Mitarbeiter: als Karrierist noch ein gebrochener Charakter.
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