Kritik zu Dark Eden

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Erstaunlich, wie viele unentdeckte Orte grenzenloser Gewinnsucht es noch gibt: Jasmin Herold porträtiert in ihrem poetischen Dokumentarfilm Fort McMurray in Kanada, wo ohne Rücksicht auf die Umwelt aus Sand Öl gewonnen wird

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»I Love Oilsands«, steht in weißen Lettern auf seinem T-Shirt; der Aktivist für die größte Ölförderregion der Welt sagt brav seinen Spruch in die Kamera: Wie schön das Leben in Fort McMurray doch sei, bei der klaren Luft und dem gesunden Wasser; dass er kämpfen wolle, gegen die Lügen und Halbwahrheiten, die ihn umgeben. Verschmitzt endet er mit den Worten » . . . and I am awesome!«.

Die Selbstherrlichkeit dieses Mannes steht stellvertretend für eine Haltung, die das schnelle Geld vor die Bedürfnisse der Umwelt und der Menschen stellt. Fort McMurray, ein weithin unbekannter Ort, liegt in Alberta, mitten im Waldidyll Kanadas, und birgt eines der größten Ölvorkommen der Welt. Dieses Öl jedoch ist in einem teerhaltigen Sand gebunden und kann nur durch einen schwierigen Prozess gewonnen werden. Der Sand wird mit giftigen Chemikalien aufgekocht, der Sud landet in einem riesigen künstlichen See. Vor dem farbig schillernden Rauch der Hochöfen, der den Himmel malerisch verdunkelt, spricht Jane Fonda von einem grauenhaften Skandal, aber kaum jemand hört ihr zu. Rehe und Elche laufen ohne Scheu durch die Straßen, als lebten sie in friedvoller Eintracht mit den Menschen dort. Doch das Wasser, das sie trinken, ist voller giftiger Substanzen. Nicht mal mehr essen kann man diese Tiere, sagt eine Nachbarin, ihr Fleisch ist ein einziges Krebsgeschwür. Aber auch Kinder, die unter Tumoren leiden, sind keine Seltenheit. Und dann wird der halbe Ort von einem Waldbrand zerstört. Was wie ein Gottesgericht anmutet, als wolle jemand unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass diese Art der Energiegewinnung sofort einzustellen ist, gehört zum selbstverständlichen Lebensrisiko der Bewohner, die aus der ganzen Welt dem Lockruf des Öls gefolgt sind. Die kanadische Regierung stellte bereits kurz nach den erfolgreichen Löscharbeiten neue Förderlizenzen aus.

Wie Jasmin Herold an diesen gottvergessenen Ort kam, wie sie ihren Lebensgefährten und Co-Regisseur Michael Beamish kennenlernte, bleibt ebenso offen wie der Grund für seine Krankheit. Warum sie blieb, zeigt dieser wichtige Film, der in jeder Tankstelle in Endlosschleife laufen sollte. Das Erstaunliche an ihm ist jedoch nicht nur, dass er uns an einen Ort skandalöser Gewinnsucht führt – das Fünffache verdiene er hier, sagt ein deutscher Mechaniker, das lohne sich in jedem Fall. Es ist vielmehr die poetische Art, in der »Dark Eden« von diesen Dingen erzählt. Es braucht keine großen Worte angesichts der Giftwolke, die eben auch ästhetisch schön ist. Ganz ruhig und ohne die Erregung umzusetzen, berichtet Herold von ihrem Leben in Fort McMurray und fragt ganz unschuldig nach den Einstellungen und Lebenszielen der Bewohner. Sie weckt Vertrauen, keiner lehnt sie als fanatische Umweltaktivistin ab. Die Erregung aber entsteht trotzdem. Beim Zuschauer. Diese Unruhe, gepaart mit dem schlechten Gewissen, zu den zehn Staaten mit dem höchsten Ölverbrauch zu gehören, hält auch dann noch an, wenn der Film längst zu Ende ist.

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