Kritik zu California City
Es hätte eine Metropole werden sollen, etwas in der Dimension von Los Angeles. Aber dann kam die Immobilienkrise. California City ist heute eine Ghost Town – großartig eingefangen in Bastian Günthers experimentellem Film
Es ist eine großartige Erfahrung, einmal durch eine Wüste zu laufen oder zu fahren. Alles, was wir Menschen dorthin bauen, wird wieder verschwinden – der Sand aber bleibt. Wie kleine Hauben ragen die verlassenen Häuser in Bastian Günthers Film aus der schier endlosen Weite heraus, oftmals eingefasst von einem Zaun, der die Häuser vor den Unbilden schützen soll.
Wer waren die Menschen, die einmal hier gelebt haben, fragt man sich unwillkürlich. Und wo sind sie hin? Ein namenloser Mann (Jay Lewis) kümmert sich um die Swimmingpools dieser Häuser in California City, in denen teilweise noch das Wasser steht. Eine Moskitoplage soll von den Pools und Pfützen ausgehen, Infektionskrankheiten könnten dadurch übertragen werden. Auch der Mann wirkt aufgegeben, wie die Häuser, die er betreut, ein Drifter, der seine Anweisungen von einer fernen Zentrale empfängt und nachts in einem Motel absteigt.
Doch es gibt noch Menschen, die in dieser Wüste ausharren. Immer wieder trifft er sich mit einem Kumpel, einem Immobilienmakler, der auf Häuser aufpassen muss, durch deren Wände längst schon der Wind streicht und das Licht fällt. Einmal trifft der Poolpfleger einen Mann, der auf einem Flugzeugfriedhof ein Bewerbungsvideo für eine Reise zum Mars dreht; ein anderes Mal begegnet er einem Mann, der Autos und Schrott zerlegt, um das Material als Altmetall zu verkaufen. Immer wieder schieben sich Erinnerungen, gefilmt wie in Super 8, an seine Freundin Chelsea (Chelsea Williams) in den Film. Und immer weniger scheint er ein Ziel zu haben, bis ihn schließlich seine Auftraggeber von seinen Aufgaben ganz entbinden. Einen grünen Overall trägt dieser surreale Outdoor-Kammerjäger immer, wie ein Astronaut in dieser lebensfeindlichen Umgebung, eine paradoxe Figur in einer existenzialistischen Parabel.
Bei der Premiere des Films im letzten Jahr in Hof hat Bastian Günther von seiner Faszination für diese Gegend erzählt, die wirkt, als hätte eine Neutronenbombe alles Leben vernichtet. California City gibt es wirklich; die Siedlung liegt in der Mojave Wüste, in den späten 50er Jahren erdacht von einem Immobilienentwickler, der von einer Stadt in der Größe von Los Angeles träumte.
Der Traum war vorbei, spätestens als die Immobilienblase in den USA platzte. »California City« ist eine seltsame, aber eindrückliche Mischung aus Dokumentarfilm und Fiktion, mit Bildern, die ihre Leere so vor sich her tragen wie die Gemälde von Edward Hopper, das Ganze unterlegt mit melancholischen Gitarrenklängen. Es ist nicht immer einfach, der Monotonie der Bilder dieses Films zu folgen, die sich aber dann doch zu so etwas wie einer Apotheose der Einsamkeit und des Ausgesetztseins verdichten. Eine ganze Zivilisation liegt am Boden in den Bildern vom Verfall dieser Stadt.
Kommentare
zum Film
Der Film ist gut-und jeder Politiker, Journalist und Geldgeber sollten ihn sehen, ....
dann prüfen, ob sie mit reinem Gewissen einer Versuchung nachgeben sollen oder sich der Zustimmung verweigern!
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