Kritik zu The Cabin in the Woods
Metaebene mal anders: In diesem Horrorthriller über Jugendliche im finsteren Wald wird die Genrereflexion zu einem eigenen Handlungsstrang
Wozu Horrorfilme? Was ist es, das uns immer wieder diesen Kitzel suchen, mit den Protagonisten zittern und ihnen zugleich immer neue Schrecken wünschen lässt? Diese Fragen stehen laut Joss Whedon und Drew Goddard – seit »Buffy« erprobte Kollaborateure bei intelligenten Genrevariationen – im Zentrum von The Cabin in the Woods. Und obwohl die Antworten nicht sonderlich präzise ausfallen, verwandeln sie ihren Horrorfilm mit ungewöhnlicher Konsequenz in ein Spiegelkabinett, eine wilde Mischung aus Geisterbahnfahrt und Metareflexion.
Von Anfang an etablieren sie zwei Ebenen. Die erste ist nur allzu vertraut. Fünf Jugendliche brechen zu einem Wochenende in einer Berghütte fernab der Zivilisation auf. Es ist das Stammpersonal des Teenie- beziehungsweise Backwood-Slasher-Films: der Sportler, die Hemmungslose, der etwas steife Intellektuelle, der spinnerte Kiffer und die nachdenklichvorsichtige »Jungfrau«. Schon auf dem Weg in den tiefen Wald deutet sich eine Bedrohung in Gestalt eines sinistren Hinterwäldlers an. In der Hütte mehren sich dann die bösen Vorzeichen, bis die Teenager im Keller neben anderem geheimnisvollem Plunder auch ein Tagebuch mit grauenvollen Schilderungen und einem lateinischen Text finden . . .
So weit, so überraschungsarm. Parallel dazu findet aber die Subversion dieses Plots statt, denn die Jugendlichen sind nicht allein. In einem geheimen Bunker ist ein großer Stab von Wissenschaftlern und Technikern – einer Behörde?, eines Unternehmens? – damit beschäftigt, jeden Schritt der Ahnungslosen auf Monitoren zu überwachen und die Ereignisse per Knopfdruck zu manipulieren.
Der Film enthüllt seine Doppelbödigkeit schon in den ersten Szenen. Dadurch verzichtet er zwar auf einen Teil seiner äußeren Spannung, doch macht er das durch die Wendungen innerhalb dieser Konstruktion wett. Er konzentriert sich nun auf das Pingpongspiel zwischen dem Spukhütten-Motivkomplex und der paranoiden Fantasie, zwischen den erdig-blutigen Bildern vom Überlebenskampf der Jugendlichen und dem nüchternen Hightech-Ambiente des Bunkers. Süffisante Kommentare der Angestellten begleiten da die Attacken von Monstern, die sie auf die Unschuldigen loslassen, und es wird auch die eine oder andere Wette abgeschlossen.
Das Grauen ist für diese Puppenspieler ein Handwerk, bereitet ihnen aber auch Vergnügen – ebenso wie uns, den Voyeuren, die jenen Voyeuren über die Schulter schauen und sich sowohl an den blutigen Sadismen innerhalb des Horrorthemenparks als auch an den ironischen Brechungen der Metaebene erfreuen. Etwa am dienstlichen Small Talk von Richard Jenkins und Bradley Whitford als obersten Zeremonienleitern, die schon mal in ein genervtes »Oh nein!« ausbrechen, als ihre gar nicht so dummen Opfer beschließen, zusammenzubleiben, weil sie gemeinsam natürlich stärker sind. Da müssen dann besondere Tricks her, um die Schäfchen schnell wieder auf den rechten Weg zu bringen, nämlich den der Unvernunft und in den sicheren Untergang.
So spiegelt The Cabin in the Woods in seinem überbordenden Zitaten- und Verweisreichtum nicht nur die Logik beziehungsweise Unlogik der Genrekonventionen, sondern denkt immer auch die Mechanismen der Zuschauerangstlust mit. Zugleich finden Whedon und Goddard Bilder für die eigene Arbeit am Grauen, denn in jenen befremdlichen´Wissenschaftlern kann man unschwer auch die Schöpfer von Horrorfilmen wiedererkennen, ihre Mühen und ihren Spaß daran, Figuren wie auch Zuschauer immer dahin zu bringen, wo sie sie haben wollen. Die Nabelschau, die das Horrorgenre ja immer wieder mal betrieben hat, treiben sie hier auf die ironische Spitze, vermählen The Evil Dead mit der Truman Show und machen Sigmund Freud zum stillen Trauzeugen. Doch jede Macht hat Schwachstellen, jedes Kalkül birgt Unkalkulierbares. Wenn jenes seltsame Ritual´im Film außer Kontrolle gerät, scheinen auch die Filmemacher die Zügel loszulassen und lachend zuzuschauen, wie ihre zwei Handlungsebenen in einem völlig überkandidelten Delirium kollidieren. Das Rätsel der Geschichte´löst sich schließlich in einer Metapher, die – wie der gesamte Film – hanebüchen, intelligent und so brachial wie tiefsinnig ist.
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