Kritik zu Bounce - Eine Chance für die Liebe
Es gibt Filme, bei denen merkt man im Lauf des Geschehens immer stärker, dass das Drehbuch nur deshalb nicht zu einem "Großen TV-Roman" verarbeitet wurde, weil es dem Autor und Regisseur auf wundersame Weise gelungen ist, einen oder mehrere zugkräftige Stars für den Stoff zu begeistern. Genau so ein Film ist Bounce
Ben Affleck spielt einen erfolgreichen Werber namens Buddy, und der Name ist Programm: ein jovialer, leicht überheblicher Kumpeltyp, der sein Leben genießt, sich selbst für den größten hält und vor dem keine Frau sicher ist. Gwyneth Paltrow spielt eine Witwe namens Abby, und auch dieser pastorale Name ist Programm: eine reine, gutherzige Frau, durch deren Liebe der leichtlebige männliche Held Läuterung erfährt. Die beiden lernen sich kennen, nachdem Buddy Abbys Mann Greg, den er zufällig am Flughafen kennen lernt, sein Flugticket schenkt, weil er lieber mit einer hübschen Blondine ins Bett steigen will. Doch während Buddy in den Armen der Schönen im siebten Himmel schwebt, stürzt Gregs Flieger ab. Nun wird der oberflächliche Lebemann von Schuldgefühlen geplagt, weil ein anderer an seiner Stelle ums Leben gekommen ist. Zu allem Überfluss wird seine Agentur auch noch beauftragt, die Traueranzeigen der Airline zu gestalten. Hier ergreift Regisseur Don Roos die Chance, eine heuchlerische Tirade gegen die Werbebranche loszulassen, die ein Unglück für eine sentimentale, preisträchtige Kampagne ausbeutet - dabei tut Roos mit Bounce nichts anderes: er nimmt eine Katastrophe als effektvollen Auslöser für eine sentimentale Liebesgeschichte. Buddy jedenfalls ertränkt seine Depressionen in Unmengen von gutem Whisky, landet schließlich in der Reha-Klinik und macht sich nach seiner Entlassung auf die Suche nach der Frau jenes Mannes, für dessen Tod er sich verantwortlich fühlt. Natürlich verlieben sich die Witwe und der Werber ineinander, und im Grunde passiert danach nicht mehr viel: Abbys altkluge Kinder lieben Buddy auf Anhieb, als hätten sie nie einen anderen Vater gehabt, und selbst die Entdeckung, dass Buddy Greg in die Unglücksmaschine manövriert hat, zieht keine größeren Unstimmigkeiten nach sich. Probleme und Konflikte werden in Bounce zunächst mit jenem schlecht inszenierten und gespielten Pathos vorgetragen, wie man es aus Soaps und TV-Movies kennt, um dann im Eiltempo gelöst zu werden. Am ärgerlichsten ist in dieser Hinsicht Buddys finale moralische "Wiedergutmachung" gegenüber Abby, die von Fernsehkameras bezeugt und übermittelt wird - das öffentliche Bekenntnis vor der Presse: in jüngerer Zeit war diese höchst fragwürdige Methode, die Wahrhaftigkeit seiner Gefühlen zu untermauern, des öfteren im Kino zu beobachten, von Eddie Murphys Holy Man bis hin zu Notting Hill.
Nun könnte man all die Ärgernisse und vertanen Chancen hinnehmen, wenn es zwischen den zwei Hauptdarstellern gehörig funken würde. Aber nicht einmal das ist der Fall. Paltrow, die ja in jedem Film ein wenig weinerlich aussieht, und Affleck, der zu Beginn, als cooler Typ, auf abstoßende Weise amüsant ist, geben hier ein absurd langweiliges Spießer-Paar, zwischen dem es einfach nicht "funkt". Wieviel spannender wäre es gewesen, Buddy ein wenig länger vor seiner moralischen Wandlung zu sehen. Aber das wäre dann wohl ein anderer, wahrscheinlich besserer Film geworden. In die Filmgeschichte wird Bounce vermutlich dennoch eingehen - als erster Film, der wie eine Fernsehsendung digital via Satellit direkt in dafür ausgestattete US-Kinos eingespeist wurde: "Filmkopien", seien sie aus Zelluloid oder wenigstens in digitaler Form, werden damit endgültig aus den Lichtspielhäusern eliminiert. Bei der Premiere am 14. November 2000 warf Ben Affleck gemeinsam mit Repräsentanten von Miramax, Disney, Boeing und der amerikanischen Kinokette AMC feierlich Zelluloidrollen in eine große Mülltonne. Ist es Dummheit oder geldgeiler Zynismus, den Tod des Kinos, wie wir es bisher kennen, derart zu zelebrieren?
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