Kritik zu Abbitte

© Universal Pictures

Literaturverfilmung nach einem Roman von Ian McEwan

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Der blonde Engel ist ein Teufelsbraten. Auf diese Erkenntnis muss man in der Verfilmung des Bestsellers »Abbitte« von Ian McEwan nicht lange warten. Wie Blitze durchzuckt es die 13-jährige angehende Schriftstellerin Briony, wenn sie – eine frühreife Voyeurin und Schnüfflerin – mit ihrem wachen, aber doch kindlichen Verstand ihre Schlüsse mit fatalen Folgen zieht. Briony ist die Erzählerin, die man, wie im Roman, zuerst an ihrer Schreibmaschine beim Verfertigen ihres neuen Theaterstücks antrifft. Ein Jungmädchenzimmer mit Puppenhaus und Modellbauernhof mit einem ganzen Stall von Tieren, die alle erwartungsvoll auf ihre Besitzerin blicken. Am liebsten streunt sie jedoch in der Gegend herum, spürt ihrer älteren Schwester Cecilia nach, die ein Techtelmechtel mit Robbie, dem Sohn der Haushälterin, am Laufen hat. Briony treibt die Eifersucht, kein Zweifel. Einmal stürzt sich die Nichtschwimmerin in den nahe gelegenen tiefen Tümpel, nur um sich von Robbie retten zulassen. Briony spielt – auf ihre Art – von Anfang an mit dem Feuer.

»Abbitte« ist bereits der neunte Roman von McEwan, der für die Leinwand adaptiert wird, darunter so prominente Filme wie »The Comfort of Strangers« von Paul Schrader oder »The Innocent« von John Schlesinger. Das hochgelobte britische Regietalent Joe Wright hat sich für seinen zweiten Film nach der Jane-Austen-Verfilmung »Stolz und Vorurteil« den erfahrenen Drehbuchautor Christopher Hampton ins Boot geholt, auch soll der Autor persönlich mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Der britische Meister der Obsession und der menschlichen Abgründe Ian McEwan hat selbst vor den Untiefen seines Romans gewarnt, der tief ins menschliche Seelenloch hinabsteigt und mit kühnen Zeitsprüngen gleich drei Lebensabschnitte seiner Hauptfiguren zwischen 1935 und 1999 in Augenschein nimmt.

Der Regisseur hat sich auch jetzt wieder um filmisches Erzählen bemüht, das hört man schon am Score, der gleich zu Anfang das Klappern der Schreibmaschine als Erzählfaktor einfließen lässt. Am eindringlichsten gelingt ihm noch der erste Teil, das Familientreffen der klassenbewussten Gesellschaft auf ihrem feudalen Landsitz. Ein schwüler Sommernachtstraum mit einer arroganten Jeunesse dorée, der sich irgendwann unheilvoll entladen wird: eine Vergewaltigung, eine falsche Beschuldigung, eine unverdiente Gefängnisstrafe, die den Außenseiter Robbie trifft und das Ende des Liebespaars Cecilia und Robbie vorprogrammiert. Allgegenwärtig die jugendliche Drahtzieherin Briony und ihr krankhafter Ehrgeiz, alles – und das bis zuletzt – in Literatur zu verwandeln.

Aber da reibt sich das zum Realismus drängende Kino am Versuch, literarische Methoden wie Perspektivwechsel oder Zeitsprünge glaubhaft auf die Leinwand zu bannen. Der schwerfälligere zweite Teil kreiert beim Fiasko der britischen Landung in Nordfrankreich 1939 nur eine abgefackelte Kirmesstimmung, die viel zu kurze Koda, die bereits dem Roman angekreidet wurde, wird in der Filmversion in Form eines 1999 aufgezeichneten Fernsehinterviews mit dem schmalen Altersgesicht von Vanessa Redgrave geadelt, ein erhabener, nicht unbedingt gelungener Abgang.

Merken sollte man sich die irische Jungdarstellerin Saoirse Ronan als böse Fee Briony, die in späteren Jahren mit Romola Garai, im Alter mit Vanessa Redgrave besetzt ist; ebenfalls James McAvoy, der mit seinem umwerfenden Working-Class-Charme in die Fußstapfen von Albert Finney tritt.

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