Kritik zu 3 Türken und 1 Baby
Nach der Hochzeitskomödie »Evet, ich will!« macht Regisseur Sinan Akkus erneut ein Brautmodengeschäft zum Ausgangspunkt der Handlung
Die Prämisse, nach der Kinder auf Männer einen erzieherischen Einfluss ausüben, stellt nicht erst seit dem Kassenhit »Drei Männer und ein Baby« von 1985 eine feste Größe im Komödiengenre dar. Doch es waren wieder mal die Franzosen, die mit dem culture clash von ziellos durchs Leben driftenden Junggesellen und einem Wesen, das zum Überleben liebevolle Fürsorge und verantwortliches Verhalten benötigt, den Nagel auf den Kopf getroffen haben. 30 Jahre später versucht Regisseur Sinan Akkus ein Update dieses Musters, indem er die »Männer« ausdrücklich zu türkischen Männern macht und die humoristische Kampfzone auf ein migrantisches Milieu ausdehnt.
Wie in seiner Vorgängerkomödie »Evet, ich will!« ist der Ausgangspunkt der Handlung ein Brautmodengeschäft. Nach dem Tod ihrer Eltern haben die drei Söhne, die zusammen in der elterlichen Wohnung leben, den Laden heruntergewirtschaftet. Um der Zwangsräumung wegen ausstehender Mieten zu entgehen, müssen sie den Goldschmuck der Mutter versetzen. Zu diesen Existenzproblemen gesellt sich die Sorge um das Baby, das Celal mit nach Hause bringt. Es ist das Kind seiner Exflamme Anna, die kurz nach dem zufälligen Zusammentreffen mit Celal von einem Auto angefahren wurde und nun im Krankenhaus liegt. Die Umstände, die dazu führen, dass Celal Annas Tochter in die Arme gedrückt bekommt, inszeniert Akkus mit schöner Leichtigkeit. Genauso fröhlich werden mit den Schwierigkeiten der drei, sich aus ihrem »low life« herauszuwursteln, jene Vorurteile angetippt, denen sich besonders deutschtürkische Männer ausgesetzt sehen.
Die große, wenn auch tabuisierte Frage bei Komödien, die sich im weitesten Sinne mit Multikulti befassen, lautet ja stets: Wie weit reicht der Mut? Günstigstenfalls dienen Komödien als Ventil, um den Druck aus der Integrationsdebatte herauszulassen. So hakt Akkus eher pflichtschuldig die erwartbaren Pipi-Kaka-Situationen ab – geht aber darüber hinaus manche Klischees frontal an, indem er sie herrlich witzig weiterdenkt. Celal etwa versucht sich als Callboy und bekommt es mit einer großbürgerlichen Kundin zu tun, die von türkisch-deutschen Obszönitäten angetörnt wird. Bruder Sami fetzt sich bei einem Date mit einer Frau, der er im Anti-»Aggro«-Kurs im Hallenbad wiederbegegnet. Bruder Mesut (der Rapper Eko Fresh), ein erfolgloser Musiker, der Zuflucht bei einer konservativen Islamauslegung sucht, bindet dem Baby versuchshalber ein Kopftuch um, was komisch statt bedrohlich ist.
Solche frechen Pointen sind zahlreicher als erwartet. Dennoch bleibt auch diese Komödie hinter ihren Möglichkeiten zurück. Verschwenderische Frankfurt-Panoramen (so toll ist die Skyline nun auch wieder nicht) wirken zu oft als Lückenfüller, und das biedere Happy End ist ein Abtörner. Auch kauft man dem rehäugigen Kostja Ullman in der Hauptrolle den Macho, dessen vergangene Sünden ihn einholen, nicht recht ab. Insgesamt aber dennoch eine Komödie, die immerhin mehr durch ihre originellen Einfälle als ihre Fadheiten im Gedächtnis bleibt.
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