Kritik zu 2 Guns
Nach Contraband erweist sich der Isländer Baltasar Kormákur erneut als sehr Hollywood-kompatibel. Diesmal ballern sich Denzel Washington und Mark Wahlberg durch einen vergnüglichen Actionplot
Tres Cruces, ein verschlafenes Nest in New Mexico. Wir schreiben die Siebziger, und Charley Varrick, gespielt vom unvergleichlichen Walter Matthau, raubt die hiesige Bank aus. Er spekuliert auf die übliche Beute, ein paar Tausend Dollar vielleicht, aber diesmal quillt der Safe geradezu über. Eine Dreiviertelmillion! Varrick weiß sofort, was das bedeutet: Versehentlich hat er ein Depot der Cosa Nostra geplündert, und das wird ein blutiges Nachspiel haben. Später sagt er einmal, lieber würde er von zehn FBIs gejagt als von einer Mafia.
Vierzig Jahre später, wir sind wieder in Tres Cruces, in einem anderen Film. Die Bank ist immer noch da, gleich gegenüber vom Diner mit den besten Donuts der Welt, und dieses Mal wird sie von einem Duo ausgeraubt. Robert »Bobby« Trench (Denzel Washington), ein cooler Gangster mit zwei hübschen Goldzähnen, und Michael »Stig« Stigman (Mark Wahlberg), ein eher unbedarfter Heißsporn, wollen an das Geld des mexikanischen Drogenbarons Papi Greco (Edward James Olmos) heran, der sie bei einem Deal betrogen hat. Was sie nicht ahnen: Sowohl Bobby als auch Stig sind in Wirklichkeit Undercoveragenten. Beide haben das Ziel, Papi zur Strecke zu bringen, halten sich aber gegenseitig für Spitzbuben. Der Coup gelingt, anstelle der erwarteten drei Millionen liegen jedoch 43 Millionen in der Bank. Bobby und Stig wissen zwar nicht sofort, was das bedeutet, aber dass hier etwas sehr seltsam läuft, versteht sich von selbst.
Mit seiner Prämisse also verbeugt sich 2 Guns sehr deutlich vor Don Siegels Klassiker Charley Varrick (dem auch Pulp Fiction schon Tribut zollte), zugleich stellt der Film postwendend klar, dass die Dinge heutzutage komplizierter liegen. Die Bündnisse sind fragiler geworden, die Motive undurchsichtiger, und eine moralische Verortung der Figuren und ihrer jeweiligen Auftraggeber erscheint schwierig, wenn nicht gar sinnlos. Bobby und Stig sind Partner und Gegner, haben echte und falsche Bosse, bedienen unterschiedliche Interessen und Loyalitäten, spielen und werden gespielt. Es dauert eine vergnügliche Weile, bis wir all diese Systeme durchschauen – falls das überhaupt je gelingt in diesem raffinierten Story-Labyrinth. Und dann wird klar, dass nicht nur die Mafia hinter den beiden Helden her ist, sondern auch, sozusagen, zehn FBIs.
Riesige Dollarstapel spielten auch in Contraband, der vorangegangenen Regiearbeit von Baltasar Kormákur, eine wichtige Rolle, einem ähnlich vertrackten Actionspektakel, das sich allerdings eher an den Gesetzmäßigkeiten des urbanen Gangsterfilms orientierte. Hier nun frönt der Isländer der Wüstenvariante der Gattung, schwelgt in der Weite des Südwestens und lässt es richtig krachen. Die 2 Guns des Titels sind dabei eine maßlose Untertreibung, denn hier läuft jede Begegnung auf eine pyrotechnische Konfrontation hinaus.
Kormákur erfindet das Spiel nicht neu, aber er beherrscht die Regeln. Er kann Schauspieler ebenso präzise inszenieren wie temporeiche Action, er hat ein sicheres Gespür für Witz, Spannung und Location. Ganz selbstverständlich bedient er sich beim Inventar des Genres, leiht sich flotte Sprüche und starke Bilder von Tony Scott, Walter Hill und Richard Donner, begeht dabei aber nie den Fehler, sich zu verkünsteln. Sein Ziel bleibt stets geradliniges, effizientes Entertainment, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Verblüffend ist dabei, wie kritisch, ja fatalistisch sein Film auf die Welt schaut. Das Drehbuch von Brotherhood-Autor Blake Masters lässt zwar das FBI aus dem Spiel, zeichnet aber alle anderen US-Geheimdienste als finstere Vereine, die gnadenlos kriminelle Interessen verfolgen. Sei es die Drogenvollzugsbehörde, für die Bobby tätig ist, sei es der NCIS, dem Stig angehört (der einzige Protagonist übrigens, der alten, »familiären« Werten anhängt; seinen Partner schießt er trotzdem skrupellos nieder), sei es die Marine, die Polizei oder die CIA mit ihrem knallharten Geldeintreiber Earl (ein denkwürdiger Auftritt von Bill Paxton): Sie alle sind keinen Deut besser als das mexikanische Drogenkartell, das sie zu bekämpfen vorgeben. Ganz schön desillusioniert, die Traumfabrik.
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