Kritik zu 11 Freundinnen
Es sollte ein weibliches Sommermärchen werden: Sung Hyung Cho (Full Metal Village) begleitete die WM-Vorbereitungen der deutschen Frauenfußballnationalmannschaft
Ursula Holl backt Dinkelvollkornbrot in der eigenen Küche. Anja Mittag lernt gerade eine neue Bürosoftware genauer kennen. Bianca Schmidt bewirbt sich um ein Praktikum bei der Polizei in Potsdam. Bekanntermaßen können Fußballerinnen – selbst in der Nationalmannschaft – vom Kicken allein fast nie leben. Und so gehört die Sorge um den geeigneten Brotberuf zum Berufsbild wie Krafttraining und Dribbeln. Dass die Frauen selbst dies keineswegs nur als Mangel, sondern auch als Chance begreifen, kommt in ihren Äußerungen immer wieder zum Ausdruck und erklärt auch den auf den ersten Blick irritierenden Untertitel von Sung Hyung Chos Dokumentarfilm zum deutschen Frauenfußball: »Sie wollen nicht nur spielen«.
Der Haupttitel bezieht sich indirekt auf das schon mythische »11 Freunde müsst ihr sein«- Diktum aus der Frühzeit des deutschen Fußballs. Der schon im Winter vor der WM begonnene Film über die deutsche Frauenelf sollte ganz offenbar die weibliche Variante zu Wortmanns Sommermärchen werden. Doch auch dieses Turnier lief bekanntermaßen nicht ganz so wie erhofft. Und ähnlich wie der Ausstieg der DFB-Frauen beim Viertelfinale mag auch die Aufstellung des Films viele Fans enttäuschen. Ja, es grenzt schon an Etikettenschwindel, wenn statt der angekündigten elf gerade mal fünf Spielerinnen im Film richtig vorkommen – nur drei davon aus dem WMKader. Sicher, mit Fatmire Bajmaraj ist ein echter »Star« dabei. Und sportpolitisch ist es löblich, nicht nur auf die Prominenz zu schauen. Doch es enttäuscht schon, Spielerinnen wie Celia Okoyino da Mbabi oder Inka Grings (Birgit Prinz sowieso . . . ) höchstens als Komparsen im Hintergrund oder auf den offiziellen FIFA-Mitschnipseln der Spiele zu sehen. Erzählerisch ist 11 Freundinnen ein Amalgam aus der WM-Vorbereitungsbegleitung samt Trainingseinheiten und PR-Maßnahmen und Home-Interviews (siehe oben). Fokussiert wird dabei nichts wirklich. Auch die Fußballdamen selbst kommen nicht besonders inspiriert rüber, doch das ist nicht ihre Schuld, sondern liegt an der unengagierten Regie. Und die wiederum hat vermutlich damit zu tun, dass Regisseurin Sung Hyung Cho (Full Metal Village, Endstation der Sehnsüchte) sich vor dieser Auftragsarbeit für Fußball kaum interessiert hat.
Natürlich muss man kein Fan sein, um einen Dokumentarfil zu einem Thema zu drehen. Doch Leidenschaft für das Sujet ist schon zur Motivierung der Protagonisten wichtig. Hier scheinen die Auftritte der Fußballfrauen nur pflichtbeflissen abgerufen, ob nun Ursula Holl über gesunde Ernährung doziert oder die verletzte Nachrückerin Dzsenifer Marozsán mit den üblichen Worthülsen ihrer tiefen Liebe zum Ballspiel Ausdruck gibt. Ein Tiefpunkt ist erreicht, wenn Minuten damit geschunden werden, dass Sportsoldatin Bianca Schmidt umständlich eine Gasmaske auspacken und vorführen darf, wie sie vermutlich jeder Bundeswehrsoldat im Spind liegen hat. Doch natürlich gibt es auch hier magische Momente. Eine Szene etwa, wo Lira Bajramaj Torfrau Nadine Angerer auf dem Teppichboden eines Hotelzimmer die Augenbrauen in Form zupft. Ein kleiner Moment nur, der mehr sagt als alle bemühten Statements vorher zusammen.
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