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15.11.2024
Chiara Fleischhacker, 31, geboren in Kassel, ist Regisseurin und Drehbuchautorin, studiert seit 2015 an der Filmakademie Baden-
Württemberg in Ludwigsburg. Während des Studiums drehte sie dokumentarische Kurzfilme, die mehrfach ausgezeichnet wurden.
Ihr erster Langfilm »Vena« über eine drogenabhängige Mutter bekam den First Steps Award. Sie lebt mit ihrer Tochter in Erfurt.
The Night Manager
Dieser Serie tut die Autorin denn doch ein wenig unrecht. Wieso die Geschichte für sie „nicht recht in die Gänge kommt“, leuchtet mir nicht ein – schon die Vorgeschichte in Kairo ist eine relativ knapp erzählte, spannungsgeladene Episode, und der Vierjahressprung, nach dem in Pines neuer Existenz der Schurke von damals unversehens wiederauftaucht, läßt einen gleich weiter den Atem anhalten. Gerade die Mallorca-Folgen, in denen sich der Held in Ropers Vertrauen einschleicht, entsprechen in ihrer zögerlichen Gangart sicherlich exakt der Natur eines solchen Infiltrationsprozesses: man beobachtet da eine vorsichtige Wanderung über eben sehr dünnes Eis, ständig begleitet von der Gefahr des Auffliegens, sei es durch Corkys Mißtrauen, sei es durch das sich anbahnende Verhältnis mit Jed – alles unter den Augen des scheinbar jovialen, aber mephistophelisch abgründigen Roper. Mich hat das keine Sekunde gelangweilt.
Auch bei den Bond-Klischees übertreibt die Rezensentin. Die „aufgetragene Weltläufigkeit“ ist eben keine aufgesetzte, sondern erklärt sich in der Logik der Geschichte vollkommen schlüssig aus Pines jahrelanger Arbeit in internationalen Luxushotels; wo, wenn nicht in solcher Position, erwirbt man sich jene Weltläufigkeit, die sogar noch die der exklusiven Jetset-Gäste selbst übertrifft. Der „High-End-Konsum“ wiederum geht ja nicht von Pine aus, sondern von seinem dekadenten Gastgeber/Boß, Pine läßt das über sich ergehen, um in der Rolle zu bleiben, aber sein „feines Lächeln“ wirkt meist eher verlegen als selbstgewiß. Hiddleston spielt das alles ganz ernst und ohne Netz und doppelten Boden, da ist nichts von der spielerisch-selbstironischen Attitüde, wie sie zum Bond-Klischee gehören würde. Wenn Pine Angst hat, hat er Angst – und das kommt öfter vor. Ein Bond hat nie Angst. (Weil er immer nur mit Comicschurken zu tun hat, wie die Rezensentin anmerkt, was bei Pine keineswegs der Fall ist. Aber gerade deswegen funktioniert es auch: Pine ist eben kein Bond-Verschnitt.)
Allerdings, mit dem Frauenhelden-Klischee hat sie nicht ganz unrecht. Auch wenn so viele Frauen wie in einem durchschnittlichen Bond ja gar nicht auftauchen: Sophie (eine Frau in höchster Not, die jemanden braucht, dem sie sich anvertrauen kann – warum nicht dem vertrauenerweckenden Hotelmanager, der einen Leuchtturm der Zivilisiertheit in ihrer von Macho-Brutalos bevölkerten Welt darstellt, das ist durchaus nachvollziehbar), das Mädel in England (ein Landei, das nicht lange fackelt, als ein Kaliber wie Pine an ihrem Horizont erscheint – auch einleuchtend), und zuletzt Jed (die sich aber keineswegs, wie die Rezensentin meint, „in ein Groupie verwandelt, sobald sie des Spions ansichtig wird“, sondern doch recht lange ihre Distanz wahrt und erst nach und nach aus ihrer eigenen Not heraus sozusagen den Leidensgenossen in ihm sieht). In allen drei Fällen schadet es natürlich nicht, daß Pine tatsächlich ein Mannsbild ist, das den Augen nicht wehtut. Vollkommen überzockt wird das nur, wenn ich mich recht erinnere, in einer einzigen Szene: als die Gruppe in Mallorca unterwegs ist und Roper seiner Frau nahelegt, sie solle sich – während er noch geschäftlich zu tun hat – in der Zwischenzeit von Pine zu einem Drink ausführen lassen, und er fügt spaßhaft hinzu, sie möge mit ihrer Zusage nicht zu lange zögern, sie habe Konkurrenz. Dabei wird ein Grüppchen junger Frauen eingeblendet, die aus einiger Entfernung zum Helden herüber giggeln und blinkern und winken; meine Güte, dachte auch ich in dem Moment, das hätts jetzt aber nicht gebraucht. Aber, wie gesagt – ein seltener Ausrutscher in dieser sonst ziemlich gelungenen Serie.