Kritik zu World War Z

© Paramount

Eigentlich sind sie eher ein Arthouse-Team. Der Regisseur Marc Forster wurde mit dem ergreifenden Drama »Monster's Ball« bekannt, und sein Star Brad Pitt ist auch keiner, den man mit Popcorn-Kino assoziiert. Jetzt haben sie zusammen einen Blockbuster gedreht: eine apokalyptische Zombie-Geschichte – überraschend unblutig, fürs große Publikum

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Früher waren Zombies ein Fall für das Militär. Heute muss die Weltgesundheitsorganisation eingreifen, wenn sich die Zombie-Epidemie wie ein Lauffeuer um die Welt ausbreitet. Und ein wenig erinnern die Untotenhorden in Marc Fosters Zombie-Apokalypse-Film World War Z tatsächlich an ein Lauffeuer, wenn sie unkontrollierbar durch die Straßen der Weltmetropolen rasen. Zehn Sekunden dauert die Inkubationsphase nach einem Biss, die Seuche verbreitet sich exponentiell. Nach einer Woche steht die Welt in Flammen, und Brad Pitt muss als ehemaliger UN-Inspektor seine Familie (Mireille Enos spielt seine Ehefrau) zurücklassen, um den »Patienten Z«, den Auslöser der Epidemie, in Südkorea ausfindig zu machen. Währenddessen rattert der Bodycount auf einem Monitor im Armeehauptquartier, das auf eine Kriegsflotte im Atlantik ausgelagert wurde, im Milliardenbereich. Aber gegen eine Epidemie lässt sich selbst mit schwerem Geschütz kein Krieg gewinnen.

Es gab auch eine Zeit, da fungierte der Zombie als griffige gesellschaftliche Metapher. Er war so etwas wie der Underdog im amerikanischen Horrorfilm, ausgeschlossen vom Warenverkehr und von den gesellschaftlichen Zusammenhängen. In World War Z ist er nur noch eine Plage, die es auszurotten gilt. Er tritt in großen Massen auf, entwickelt eine aggressive Schwarmintelligenz und bewegt sich – auch vor Zombies macht das neoliberale Paradigma der Selbstoptimierung nicht halt – mit unglaublicher Geschwindigkeit. Die Untoten in den Klassikern von George A. Romero waren behäbig und stellten sich wenigstens als einigermaßen soziabel heraus. Damals galten die Militärs noch als die Schurken. Heute übernehmen Ärzte und Virologen die Rolle der Guten, selbst wenn sie an der Seite von schwerbewaffneten Eliteeinheiten kämpfen.

Mit World War Z scheint sich der Zombie Film von dem gesellschaftskritischen Nimbus, den Romero ihm einst vermacht hatte (und der auch die Romanvorlage von Max Brooks auszeichnet), zu verabschieden. Bei Forster dominiert eine kühl-wissenschaftliche, post-darwinistische Rhetorik, gepaart mit Roland Emmerich-würdiger Zerstörungslust. Vom Zombie-Genre borgt Forster sich nur noch die Ikonografie, darüber hinaus geht es aber schon um – gesellschaftliche – Krankheitsbilder, wie man sie aus Epidemie-Thrillern wie Outbreak, Contagion oder I am Legend kennt. Überbevölkerung, Hungerkatastrophen und Umweltverschmutzung werden in World War Z als mögliche Ursachen ins Spiel gebracht, und die Massenszenarien evozieren nicht ganz unbeabsichtigt Bilder von humanitären Katastrophen. Doch Forsters Apokalypse ist unmissverständlich als biologische Metapher zu verstehen, schon weil seine Zombies für heutige Verhältnisse ungewöhnlich blutarm agieren. Auch visuell bleibt Forster einem klinischen Duktus treu.

Dabei ist der Film selbst eine Art Untoter. Über ein Jahr kursierten die wildesten Gerüchte über seine Entstehungsgeschichte: ein hoffnungslos überzogenes Budget, monatelange Nachdrehs, ein halbes Dutzend Drehbuchautoren und ein Star, der mit seinem Regisseur am Schluss nur noch über Dritte kommunizierte. World War Z ist, wenn man so will, eine Chimäre aus Apocalypse Now und »Hearts of Darkness«, der Dokumentation von Coppolas künstlerischem Zusammenbruch. Forster erzählt sein eigenes Scheitern im Grunde schon mit. Sein Film besteht aus einer einzigen Abfolge von Actionszenen, Pitt befindet sich eigentlich permanent auf dem Absprung zum nächsten Krisenherd – von Südkorea über Jerusalem nach Wales. Eine Jet-Set-Dynamik wie in einem Bond-Film.

»Bewegung ist Leben«, erklärt Pitt einmal seine Überlebensstrategie, und Forster macht sich dieses Motto etwas übertrieben zu eigen. World War Z hetzt durch seine Geschichte, als drohe das Publikum bei der geringsten dramaturgischen Feinjustierung wegzunicken (auch der Soundtrack von Marco Beltrami geht in diese Richtung). Bezeichnenderweise erweisen sich gerade jene Passagen als Schwächen, die von einem sorgfältig ausgearbeiteten Drehbuch am meisten profitiert hätten. Den Szenen zwischen Pitt und Enos mangelt es an emotionaler Tiefe, obwohl sie das eigentliche Herzstück des Filmes ausmachen. Und das Finale in einem entlegenen Forschungszentrum in Wales, in dem zur allgemeinen Überraschung auch Moritz Bleibtreu die Zombie-Apokalypse überlebt hat, ist wahnsinnig umständlich inszeniert. Das wirkt umso erstaunlicher, als das letzte Drittel des Films Gerüchten zufolge komplett überarbeitet wurde.

Überzeugend ist vor allem in seinen panoramischen Set-Pieces. Höhepunkt ist, wie schon nach den Trailern zu erwarten,die Jerusalem-Sequenz. In Jerusalem, der letzten freien Stadt der neuen Zombie-Weltordnung, haben sich die Israelis hinter ihren Mauern und Sicherheitsbarrikaden verschanzt. Israel, sagt ein Mossad-Vertreter und meint wohl die Juden, habe aus seiner Geschichte gelernt. Der Großangriff der Zombies, die zu Tausenden als gigantische Welle über die Stadtmauern schwappen, ist ein spektakuläres, Bosch-artiges CGI-Wimmelbild. Marc Forster hat es nach seinem 007-Flop Ein Quantum Trost, der ihm unter Action- und Bond-Fans viel Häme einbrachte, anscheinend noch einmal wissen wollen. World War Z eignet sich dennoch nicht als Visitenkarte für weitere Großprojekte, wenn er auch die Mindestanforderungen an einen Sommer-Blockbuster erfüllt.

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