Kritik zu Frühstück bei Monsieur Henri

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Seit »Zusammen ist man weniger allein« haben generationsübergreifende Wohngemeinschaften Konjunktur im französischen Kino. Nun dürfen der Veteran Claude Brasseur und die Debütantin Noémie Schmidt sich gedeihlich zusammenraufen

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Selbst ein unaufmerksamer Kinogänger könnte den Eindruck gewinnen, mit dieser Komödienrolle würde Claude Brasseur ein Comeback feiern. Unseren Leinwänden ist er seit »Ein perfekter Platz« vor zehn Jahren bedauerlich abhanden gekommen. Tatsächlich jedoch trat er zwischenzeitlich in rund zwei Dutzend Kino- und Fernsehfilmen auf und gewann daheim eine ganz neue Anhängerschaft mit der burlesken, dreiteiligen »Camping«-Saga, die in Deutschland nicht ins Kino kam.

Dieser Tage wurde Brasseur 80 und repräsentiert sein Lebensalter glänzend: Aus dem zur Einsicht fähigen Macho in den Filmen von Claude Sautet und Yves Robert ist eine belastbare Säule des filmischen Generationenvertrages geworden. Seit den »La Boum«-Filmen kennt man seine Neigung zur raubeinigen Lösung familiärer Konflikte; als Kunstsammler in »Ein perfekter Platz« fügte er dem Rollenbild eine wehmütigere Facette hinzu. Auch in »Frühstück bei Monsieur Henri« sorgt er sich um seine Hinterlassenschaft und muss die Entfremdung zu seinem Sohn überwinden.

Im Zentrum steht jedoch die Wohngemeinschaft, die er widerwillig (andernfalls droht sein Sohn, ihn ins Altersheim zu stecken) mit der jungen Studentin Constance (Noémie Schmidt) eingeht. Der grantige Witwer lässt nichts unversucht, ihr das Zusammenleben zu verleiden. Der misanthropische Einfallsreichtum, den er dabei an den Tag legt, ist imposant. Mit boulevardesker Gründlichkeit reiht Regisseur Ivan Calbérac sämtliche Klischees aneinander, die eine solche Zwangsgemeinschaft hervorbringen soll. Selbstredend bleibt sie erotisch unverfänglich. Allerdings unterbreitet Monsieur Henri seiner Untermieterin ein schäbiges Angebot: Wenn sie seinen Sohn Paul (Guillaume de Tonquédec) umgarnt und damit dessen einfältige Frau Valérie (Frédérique Bel) vertreibt, darf sie einige Monate kostenfrei bei ihm logieren. Constance ist zunächst empört, lässt sich aber auf den Handel ein.

Das Drehbuch, das auf Calbéracs eigenem Bühnenerfolg beruht, kann es indes kaum erwarten, bis aus dem alten Griesgram ein fürsorglicher Mentor wird: als ließe sich die Verbitterung wie eine überflüssige Haut abstreifen. Der unsittliche Kontrakt führt zwar zu den erwarteten Komplikationen, geht aber einher mit einer herzigen Annäherung der Vertragspartner. Man hat eben viel gemeinsam, wenn man am Anfang oder am Ende seines Lebens steht. Monsieur Henri lässt sich nach einer Schonfrist des Zögerns bezaubern vom musikalischen Talent seiner Mieterin, das schmerzhafte Erinnerungen an seine Frau wachruft. Alsbald setzt er alle Hebel in Bewegung (erstaunlich, welch zentrale Rolle die Erpressung in diesem harmlosen Divertissement spielt), um der von Versagensängsten gelähmten Constance die Aufnahmeprüfung am Konservatorium zu ermöglichen. Die Durchsetzung oder Wiedereroberung von Lebensträumen ist der heimliche Endreim der Verwicklungen. Akkurat spielt der Film dies in der demografischen Skala seines Figurenensembles durch; selbst der biedere Paul darf verschüttete Sehnsüchte ausleben. Schade nur, dass der eigentlich famosen Komödiantin Frédérique Bel dabei die undankbare Rolle der Spielverderberin zufällt.

Meinung zum Thema

Kommentare

„Frühstück bei Monsieur Henri“ ist nette Sommer-Unterhaltung. Das Publikum bekommt kein üppiges Buffet mit ausgefeilten Delikatessen geboten, aber immerhin ein klassisches „petit dejeuner“ mit leckeren Croissants und Milchkaffee.

https://daskulturblog.com/2016/07/23/gefruehstueckt-franzoesische-sommerkomoedie-fruehstueck-bei-monsieur-henri-im-kino/

Ein Film, den ich nicht weiterempfehlen werde. Schlechtes Drehbuch, sehr uncharismatische Protagonisten. Lieblos. Schade.

Der Film ist zwar eine Komödie,
aber eine tiefsinnige, melancholische mit durchaus ernsten Hintergründen und Bezügen. Für mich der beste Film seit langem.

Der Film ist weder witzig noch halbwegs realitätsnah. Was soll daran witzig sein, dass eine junge Frau dazu erpresst wird, eine Ehe zu zerstören? Und nichts ist unwahrscheinlicher, als dass dieses unbedarfte Mädchen vom Lande ein Kompositionsstudium anstrebt. Französische Unterhaltungsware vom Fließband.

Wenn man sich über solche Fliessbänder beschwert, hat man wohl noch keine Filme oder sogar Serien aus Holyiwood gesehen. Seltsam.

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