Kritik zu How to Change the World

© NFP

2015
Original-Titel: 
How to Change the World
Filmstart in Deutschland: 
10.09.2015
L: 
110 Min
FSK: 
12

Vom Walschützer bis zum Ökokonzern: Jerry Rothwell wirft einen Blick zurück auf den Beginn und den Werdegang der Greenpeace-Aktivisten

Bewertung: 3
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Am Anfang war ein Bild. Und zwar ein besonders spektakuläres: Mit einem kleinen Schlauchboot bringen Greenpeace-Aktivisten sich in die Schusslinie zwischen einem gigantischen Walfangschiff und wehrlosen Pottwalen. Der russische Harpunier nimmt keine Rücksicht auf die Tierschützer. Er feuert das Geschoss ab, das wenige Meter über die Köpfe der Ökopaxe hinwegzischt und einen Wal trifft. Das Meer färbt sich blutrot. Die schaurige Szene, von den Aktivisten 1975 nicht zufällig mit einer hochwertigen Kamera aufgezeichnet, geht um die Welt. Sie begründet den Ruhm jener Non-Profit-Organisation, die einige Jahre zuvor noch daran scheiterte, einen US-amerikanischen Atomtest zu verhindern.

Mit seinem Dokumentarfilm zeichnet Jerry Rothwell die turbulente Anfangsphase der Bewegung nach, die sich aus Hippies, Buddhisten und Kriegsdienstverweigerern zusammensetzte. Der Fokus liegt auf Bob Hunter. Als Medienprofi erkannte der Öko-Guru als Erster, dass Kampagnen nach einer Spielfilmdramaturgie gestaltet werden mussten. Seine Fixierung auf den Glamour-Faktor führte bald zu Spannungen und Abspaltungen in der Bewegung. Diese Verwerfungen werden mit erstaunlicher Offenherzigkeit gezeigt. Der Widerspruch zwischen dem Abenteuergeist der Greenpeace-Pioniere und deren Kommerzialisierung als Ökokonzern wird immer größer.

Dieser Widerspruch spiegelt sich in Jerry Rothwells Film, dessen Dramaturgie sich durch die Verwendung unpublizierter Originalaufnahmen ergibt. Die filmischen Zeugnisse der frühen Aktionen sind so ausführlich wie bei einer Dokusoap – als hätten die Aktivisten alles nur für die Kamera gemacht. Angefangen hat alles mit einem spirituellen Erweckungserlebnis, das die Ökopaxe 1971 während ihrer ersten Kampagne bei der Entdeckung einer verlassenen Walfabrik auf der Insel Akutan erlebten. Die Rede ist von einem »Holocaust« an den Säugern, deren Schreie suggestiv eingeblendet werden. Die Aktivisten wälzen sich daraufhin nackt im Moos. Sie erkennen, dass die »Natur ein Ganzes« und »Wale unsere Zukunft« sind. Zum Beweis hören wir dazu Klänge von Pink Floyd und sehen psychedelische Grafikanimationen.

Immerhin zeigt Rothwell auch die Abwege dieser Mission. Im Kalten Krieg steuert die CIA den Sprit für eine Kampagne bei, weil Greenpeace die Russen ärgerte. Trotz solcher Nadelstiche bezieht der Film keine kritische Distanz. Die mediale Strategie von Greenpeace wird nicht reflektiert, sondern gefeiert. Rothwell redupliziert ziemlich genau das Bild, das Greenpeace von sich selbst entworfen hat. Das gilt vor allem für den popularisierten Natur- und Umweltbegriff. Die Aktivisten wollen »den Planeten retten« – aber bitte schön nur dort, wo Aktionen sich medienwirksam als »mindbomb« umsetzen lassen: Wo ein Star wie Brigitte Bardot mit einem Robbenbaby kuscheln kann. Der Film zeigt leider nicht, dass der vorgebliche Altruismus der Aktivisten narzisstisch ist. Medien sind nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Vehikel zur Selbstbespiegelung der Macher, deren Geschichte geschönt dargestellt wird.

Meinung zum Thema

Kommentare

Die Zeilen klingen ein wenig so, als hätte der Kritiker ein fixes Bild, das er sich nicht zerstören lassen möchte. Vage wird angedeutet, dass die Aktivisten von Narzissmus getrieben wären oder das sie eine "popularisierte Umweltbegriff" verwenden, aber weiß irgendwer, was der Autor damit genau meint? Weiß er es selber? Wenn schon Kritik, dann konkret. Sonst klingt es allzu sehr nach Distanz um der Distanz willen. Ich fand den Film kritisch und gut.

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