Retrospektive: »Im Kreise der Lieben«

»Im Kreise der Lieben« (1991)

Hermine Huntgeburth ist mit neun Geschwistern aufgewachsen. In einer sehr katholischen Familie – »das erklärt die zehn Kinder«, meinte Huntgeburth im Vorgespräch vor ihrem Debütfilm »Im Kreise der Lieben« von 1991. Familie sei »gnadenlose Liebe«, man könne dem anderen alles antun, am Ende würde es verziehen.

Ein Familienfilm also: Oma Emmi (Ruth Hellberg), Mutter Gertrud (Karin Baal), Kind Maria (Barbara Auer). Maria geht arbeiten. Was sie nicht mag, sind Männer im Haus. Ganz klar: Sie weigert sich, Arbeit nach Hause mitzunehmen. Sie ist Heiratsschwindlerin. Die Oma bewahrt die ergaunerten Geldbündel im Kühlschrank auf, in Idee-Kaffee-Dosen. Die Mutter hat auch Bedürfnisse, wenn ihr ein Mann gefällt, bekommt sie Bauchkrämpfe. Dann geht die Oma zum Tanztee und gabelt einen für sie auf. Das ist schon absurd genug, und Stoff genug für interne Beziehungsreibereien. Aber klar ist immer auch: Jeder braucht den anderen. Und wenn es auch nur zum Haarewaschen ist, das kann Gertrud so gut.

Männer sind Gebrauchsgegenstände. Fürs Körperliche und Monetäre. Das ist vielleicht die Essenz des Films, wenn man ihn so richtig herunterbricht. Aber vor allem kann man den Humor genießen: Huntgeburth – die inzwischen regelmäßig den Mittwochs-20.15 Uhr-Termin im Ersten hat – erzählt zurückhaltend, aber zugeneigt, setzt nicht auf Knalleffekte: Ihre Inszenierung zeigt alles als normal, das Verhalten der Protagonistinnen ist freundlich zu anderen und liebevoll untereinander; auch im Streit. Und dann gibt es dann eben die Handlung, die der Form schön zuwiderläuft. Huntgeburth baut den Kontrast sehr geschickt auf, umarmt den Zuschauer und distanziert ihn gleichzeitig; und das ist ja das Geheimnis von Schwarzen Komödien – »Arsen und Spitzenhäubchen« stand sicher Pate für ihren Film.

Mit dieser Art des Erzählens hat sich Huntgeburth offenbar länger beschäftigt: Die Familie als Grundlage für Filmgrotesken zu nehmen, das war schon in ihrem Kurzfilm »Die Mitspeisenden« von 1988 Thema, der sehr passend – weil Vorstudie – als Vorfilm ausgewählt wurde: Drei Geschwister in einer Wohnung, die gekonnt aneinander vorbeireden, bei denen Aussage und Sprache nie passen, was zu grandios absurden Miniaturen führt: »Du bist spät, Mutter ist schon tot.« – »Ich hatte noch einen Termin.« Memoryspielen und Liköre aus dem Vertreter-Musterkoffer, ständiges Essen und ein Ex-Mann, der’s leicht nimmt. Und ein schönes Beziehungs-Spiel mit Zahnbürsten im Bad.

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