Forum: Erdrückende Strenge
Im Forum gibt es immer Spannendes zu entdecken. Auf der Suche nach neuen Formen, Strömungen, überhaupt nach innovativen Formaten, versammeln sich dort Filme, die ziemlich weit entfernt sind von dem, was der Volksmund »Mainstream« nennt (oder schimpft, je nachdem...). Da geht es gerne auch mal formal sehr streng zu. Was, grundsätzlich, überhaupt nichts Schlechtes heißen muss. Im Gegenteil: Ein Michael Haneke hat die Austerität genauso zu wahrer Meisterschaft gebracht wie ein Yorgos Lanthimos, wie überhaupt viele Autorenfilmer. Auch Dan Sallitts »Fourteen«, eine kleine Perle im diesjährigen Forum, ist in seiner elliptischen Erzählweise streng gehalten.
Der rumänische Regisseur Marius Olteanu präsentiert mit seinem Langfilmdebüt »Monștri.« (Monsters.) ein Drama, das sich ebenfalls die Austerität auf die Fahne geschrieben hat. In drei Akten folgt der Film einem Pärchen, das die besten Zeiten offenbar hinter sich hat. »Dana« ist der Titel des ersten Aktes und zugleich der Name der jungen Frau (Judith State), die wir durch die Nacht begleiten. Sie ist frisch nach Bukarest zurückgehrt und nimmt sich ein Taxi für den Heimweg. Doch der Weg wird das Ziel bleiben, denn aus Gründen, die wir nur in ihrem Gesicht erahnen und nach einem kurzen Telefonat vermuten können, will sie nicht nach Hause. Es ist eine Nacht mit kurz angebundenen Gesprächen mit dem Taxifahrer (Alexandru Potocean), Zigaretten und einer Fahrt ins Krankenhaus mit Danas Nachbar und dessen schwangerer Frau.
Der zweite Akt, genannt »Andrei«, folgt einem Mann (Christian Popa) in die Wohnung eines anderen, älteren Mannes. Die beiden sind zum heimlichen Sex verabredet. Durch ein kurzes Telefonat wird klar, dass sich die Geschichte zeitgleich zu Danas »Erlebnissen« ereignet und Andrei ihr Freund ist. Zu Beginn des dritten Akt schließlich, genannt »Monstri«, liegt das Paar gemeinsam im Bett. Die Beiden scheinen sich nah und fern zugleich, die Beziehung marodiert, unter anderem durch Andreis sexuelle Vorlieben. Man besucht die Babuschka, die zu Kindern rät und eine Feier, auf der es vor schwangeren wimmelt.
Wie Xavier Dolans »Mommy«, ist auch Olteanus Film im 1:1-Format gedreht, zumindest die ersten beiden Akte. Der verkleinerte Bildausschnitt ist hier wie dort formaler Ausdruck der zwischenmenschlichen Gitterstäbe, der Einsamkeit und des Gefühlsvakuums. Und wie zwischendurch bei Dolan, erweitern sich im Dritten Akt von »Monstri.« ebenfalls die Bildgrenzen. Nur verkommt das, im Gegensatz zu jener sagenhaft schönen Szene in »Mommy«, in der der kurzzeitig befreite Protagonist das Bild gleich selbst aufreißt, in »Monstri.« zu einer platten Spielerei. Bei Olteanu nämlich wechselt das Format von groß nach klein und zurück, je nach Gefühlslage.
So interessant Olteanus Idee ist, eine völlig ohne vereinfachende Psychologisierung auskommende Zustandsbeschreibung eines Paares über die feinen Nuancen im Zwischenmenschlichen zu liefern: »Monstri.« ist zäh und erstickt fast an seiner Strenge. Da helfen auch das nuancierte Spiel der beiden Hauptfiguren und der in wenigen Momenten belebende trockene Humor nicht wirklich. Schade.
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