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Gerhard Midding

»Die Suche nach einem Helden muss mit dem beginnen, was ein Held unbedingt braucht – einen Schurken.« Diese Formel wird, einem Mantra gleich, regelmäßig in »Mission:Impossible 2« wiederholt. Es ist fast so, als würde Drehbuchautor Robert Towne Einblick gewähren in seine Werkstatt: Er legt das Kopfzerbrechen dar, das es kostet, für einen Spionagethriller nach Ende des Kalten Krieges noch einen ernstzunehmenden Bösewicht zu finden.

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Wenn ich gebeten werde, Nachrufe zu schreiben, fallen mir in der Regel zuallererst Nebensächlichkeiten ein. Das ist nicht unbedingt praktisch, aber nicht immer ein Fehler. Große Lebenswerke schüchtern ein, da will ich mich auf Samtpfoten nähern, einen Zugang suchen über geringfügige Details.

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»Er sieht aus wie der Butler in »Mord im Orientexpress«, finden Sie nicht auch?« fragt Catherine Deneuve in »La Vérité« den jungen Journalisten. Der hat sie bisher mit flauen, kenntnisfreien Fragen gequält, merkt immerhin aber, dass sie die alte Verfilmung meint. Der Mann, über den sie sprechen, hat tatsächlich große Ähnlichkeit mit Sir John Guielgud.

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Der Moment, als Adèle Haenel zornig die diesjährige César-Verleihung verließ, könnte zur Ikone einer Zeitenwende werden. Das war eine machtvolle Geste der Schauspielerin, als sie die »Schande« nicht hinnehmen wollte, dass Roman Polanski mit dem Regiepreis für »Intrige« ausgezeichnet wurde.

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Eine der schönsten Anekdoten über Amerika und die Welt, über Kino und Politik hat mit King Vidor zu tun. Die Rolle, die einer seiner Filme darin spielt, hätte ihn ohne Zweifel überrascht. Aber sie ist ihm angemessen, weil sie von Widerspruch und Ambivalenz handelt.

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Wenn man es recht bedenkt, erzählen Philippe Garrel und Matteo Garrone dieselbe Geschichte. In »Le sel des larmes« (Das Salz der Tränen) und »Pinocchio« schaut ein alter Schreiner zu, wie sein Sohn die Welt entdeckt. Zwei Romanzen, die von der Furcht handeln, einander abhanden zu kommen.

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Gestern begann jene Zeitspanne, die viele Berliner Kinobesitzer traditionell fürchten. Schließlich sind nicht alle Lichtspieltheater zu »Berlinale goes Kiez« eingemeindet. Die anderen müssen sich derweil auf die notorische Berlinale-Delle gefasst machen. Nicht die besten Auguren für Neustarts wie den schönen »Euforia« oder die ganzen Hundefilme dieser Woche. Andererseits vergisst man immer wieder, dass Berlin nicht Deutschland ist.

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Während der diesjährigen Awards Season in den USA habe ich einen fabelhaften Begriff hinzugelernt: the steakeater vote. Bislang signalisierten Alter, Hautfarbe und Geschlecht, dass man Teil des Problems ist. Es liegt eigentlich nahe, die Liste der Attribute um die Essgewohnheiten zu ergänzen.

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Wer sich mit der Geschichte eines Filmstudios beschäftigt, wird unweigerlich mit Ungleichzeitigkeiten konfrontiert. Im Falle des großen französischen Filmkonzerns Gaumont muss er sich einen Reim auf das Nebeneinander von, sagen wir einmal, Georges Franju und Louis de Funès machen. Oder, um nur in den 1960er Jahren zu bleiben, von Louis Malle und Georges Lautner.

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Im aktuellen epd-Heft stellt Sabine Horst die steile These auf, »1917« sei Tory-Kino. Da vermutlich ein Sinn und Zweck dieser Kolumne darin besteht, Widerspruch zu provozieren, will ich dem gern Folge leisten.