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Gerhard Midding

Bist du nicht fröhlich? fragt Sisif seine Ziehtochter Norma am Ende, als sie sich endlich versöhnt haben und von ihrem ihrem Fenster aus einem Tanz, den die Bergler am Montblanc feiern. Nein, erwidert sie, ich bin glücklich, das ist etwas anderes, ein zarteres und traurigeres Gefühl. Welch schöner Ausklang für einen Film, der sich so sehr in Nuancen artikuliert.

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Sie hat sie fast alle gekriegt, meist vor die Kamera oder, wenn sie schon tot waren, befragte sie Zeitzeugen und Weggefährten. Der Anfang des Satzes mag salopp klingen, aber er meint eine enorme Leistung, die einhergeht mit einem enormen Bedauern. Denn so viele Filmemacherinnen gab es noch nicht, als Katja Raganelli in den 1970er Jahren anfing, sie ausdauernd und systematisch zu porträtieren. Einige waren bereits vergessen, andere wurden schlicht ignoriert.

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Wann beginnt eine Filmemacherin, es zu sein? Natürlich gibt es einen offiziellen Anfang, das erste verfilmte Drehbuch oder das erste Mal, dass sie hinter/neben/vor einer Kamera steht. Der gefühlte Anfang ist schwerer zu bestimmen. Er fällt in eine Zeit der Latenz, der schwebenden Bereitschaft, des Mit-, Nach- und Vorausdenkens. Je nach Temperament und Wesen wird er näher am Ausbruch der Sehnsucht oder am Termin ihrer Erfüllung liegen.

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Ich habe meine Zweifel, ob sein Romantizismus den Studios immer ganz geheuer war. Obwohl seine Liebesszenen in aller Regel keusch sind, eignet ihnen eine Intimität, die zu radikal ist, um ganz gedeckt zu sein durch die Konventionen des Melodrams. Ihre Sinnlichkeit schürft tiefer. Die Liebesergriffenheit ist weltstürzend bei Frank Borzage, sie bricht brüsk herein. Kaum je hat sie Zeit zu reifen; Vergangenheit und Zukunft müssen im Jetzt verschmelzen.

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Dem späteren Regisseur Jean Negulesco, der bei »A Farewell to Arms« für die Storyboards zuständig war und den zweiten Stab befehligte, verdanken wir eine der schönsten Anekdoten über Frank Borzage: Während im Hintergrund Hunderte von Statisten auf ihre Regieanweisungen warteten, interessierte der sich nur dafür, wie ein Regentropfen von einem Blatt auf Gary Cooper hinunterfiel. Dem Rückzug aus Caporetto, einer der eindrücklichsten Episoden in Ernest Hemingways Roman, verleiht Borzage in seiner Verfilmung nur sachten epischen Atem.

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Der Name Wells Fargo hat für jeden Westernfan einen guten Klang. Seit 1852 war die Firma im Transportwesen tätig und betrieb ein umfangreiches Netz von Postkutschen, die unverzichtbar zum Antlitz des Wilden Westens gehörten. Ihre Strecken führten sie oft in unwägbares, gefährliches Gebiet. Besonders riskant waren die Fahrten natürlich, wenn die Kutschen Lohngelder und dergleichen beförderten. Das sollte sich auch nicht ändern, als die Firmengründer Henry Wells und William Fargo ihre Aktivitäten stärker auf ein anderes Geschäftsfeld verlegten, die Finanzdienstleistung.

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Eine der erfreulichsten Anekdoten der Filmgeschichte handelt von einem gut versteckten Schatz. Allem Anschein nach hat sie sogar den Vorzug, wahr zu sein. Sie spielt während des Zweiten Weltkriegs in Shanghai und hat eine schöne Coda nach dessen Ende.

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In Hollywood droht gerade ein fabelhafter Traum zu Ende zu gehen. Eine der interessantesten Produktionsfirmen, nein, die interessanteste Produktionsfirma dieses Jahrzehnts steht vor dem Bankrott. Der Romantiker in mir hofft, dass daran nicht die großartigen Filme schuld sind, die Annapurna produziert hat.

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Benoit Jacquot war eigentlich der unwahrscheinlichste Kandidat für ein solches Nachspiel. Aber zu den vornehmsten Tugenden unseres Traumverhaltens zählt ja dessen Unberechenbarkeit. So kam es auf verschlungenen Wegen dazu, dass der Regisseur von »Das einsame Mädchen« und »Leb wohl, meine Königin« die Hauptrolle in einem verwunderlichen Traum spielte.

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Während des Kalten Krieges war China die große, schwer kalkulierbare Variable im Gleichgewicht des Schreckens. Eine heimliche Hoffnung des Westens bestand darin, die Volksrepublik würde die geopolitischen Ambitionen der Sowjetunion in Schach halten. Allerdings verbanden sich mit dem vermeintlich schlafenden Riesen aus westlicher Sicht auch diffuse, aber tiefgreifende Ängste.