DVD-Tipp: »Simon Templar« – Collector's Edition
»Simon Templar« (Serie, 1962-1969). © Pidax
Als Leslie Charteris mit 17 Jahren seine erste Kurzgeschichte verkaufte, hatte er schon mehr erlebt als manch ein Erwachsener. Geboren wurde er als Leslie Charles Bowyer Yin in Singapur, Kind einer britischen Mutter und eines chinesischen Vaters. Die Eltern reisten mit ihm um die Welt, erst als 12-Jähriger wurde er regulär eingeschult. Am King's College befasste er sich mit Kriminologie und wurde Kriminalschriftsteller.
Der Durchbruch gelang ihm mit der Figur des Simon Templar, Spitzname The Saint, gedacht als ein moderner Robin Hood. An Ideen scheint es Charteris nie gefehlt zu haben – er verfasste zwischen 1928 und 1971 vierzehn Romane – zwei davon mit einem Co-Autor – 34 Kurzromane, 95 Kurzge-schichten und ein Bühnenstück. Er lieferte Storys für die »The Saint«-Hörspiele und -Comics, brachte das »The Saint Detective Magazine« heraus und schrieb nebenbei noch ein paar Drehbücher für große Hollywood-Studios.
1938 wurde Simon Templar Held einer Kinoreihe mit wechselnden Hauptdarstellern. Keiner ist so im Gedächtnis geblieben wie Roger Moore. Der Brite übernahm den Part 1962 in der britischen Fernsehserie »The Saint«, deutscher Titel: »Simon Templar«. Moore ging von einem mittelfristigen Engagement aus, doch bescherte »The Saint« ihm sieben Jahre lang Vollbeschäftigung.
Von den insgesamt 185 Folgen legt der Anbieter Pidax 65 Folgen auf 15 DVDs als »Collector's Edition« vor, dazu drei abendfüllende Filme und informatives Bonusmaterial – leider ohne Erklärung, warum sich die ausgewählten Episoden von den übrigen abheben. Die frühen Folgen wurden noch monochrom und mit erkennbar kleinem Budget gedreht. Der Erfolg erlaubte den Umstieg auf Farbe. The Saint ist laufend unterwegs, tritt mal in Genf, Rom, Paris, New York und auf den Antillen in Erscheinung. Gedreht wurde aber kostensparend in den Elstree Studios. Immerhin: Die zünftigen Autoverfolgungsjagden, u. a. inszeniert vom späteren Bullitt-Regisseur Peter Yates, gerieten schon recht beeindruckend.
Wer mit den Serien der 1960er und 1970er wenig vertraut ist, wird vielleicht über die Modernität des Konzepts staunen, die (Selbst-)Ironie, Scherze auf der Metaebene und das Durchbrechen der vierten Wand. In den ersten Staffeln wendet sich Templar regelmäßig direkt an das Publikum, süffisant seine Umgebung kommentierend – die Börse, ein Spielkasino, ein Filmstudio.
Am Ende der Pre-Title-Sequenz sagt jemand Templars Namen, und über ihm erscheint sein Markenzeichen, der Heiligenschein. Er ist eher Edelmann als Raubritter, ein Filou und Lebemann, nicht immer gesetzestreu, aber mit moralischen Prinzipien. Früh fällt auf, dass Frauen in der Serie nicht auf den Part des Anhängsels reduziert werden. In der ersten Folge, »The Talented Husband«, absolviert Shirley Eaton, die im Bond-Film »Goldfinger« ein böses Ende finden sollte, einen Gastauftritt. In einem Pub fragt der Wirt, ob Templar etwas zu essen wünsche. Die Templar bislang unbekannte Versicherungsdetektivin (Eaton) unterbricht selbstbewusst: »Mr. Templar isst mit mir.« Templar reagiert verdutzt. »Sind Sie sicher?« Sie: »Wieso? Etwa nicht?« Er: »Doch.«
Verdienstvollerweise wurden vom deutschen Fernsehen verschmähte Folgen aufgenommen. Gekappte Szenen sind wieder eingefügt und durch Untertitel kenntlich gemacht: Wenn sich Templar weltanschaulich oder gar zeitkritisch äußert, darf man inhaltliche Gründe vermuten. Über die Jahre entwickelte sich die Serie. Gab es in den frühen Staffeln freche Anspielungen auf die Bond-Filme, näherten sich die Autoren bald selbst deren Erfolgsformel an und ließen Templar gegen russische und chinesische Agenten antreten. Daher verführt die Kollektion zu einer Hypothese: Als Moore die Rolle des 007 übernahm, verkörperte er nicht Ian Flemings Bond, sondern Simon Templar unter neuem Namen.
Simon Templar – Collector's Edition GB 1962–1969 Da: Roger Moore, Ivor Dean u. a. Anbieter: Pidax.
VÖ: 7. November 2024
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