DVD-Tipp: »Bark« (2023)

© Tiberius Film

Rinden-Wahn

Das englische Wort »Bark«, das Marc Schölermanns Film den Titel gibt, kann die Rinde eines Baumes ebenso wie das Gebell eines Hundes bezeichnen. Gebellt wird allerdings erst mal nicht; wohingegen die Rinde des Baumes, an den Nolan Bentley sich eines Morgens gefesselt findet, diesem rasch die Handgelenke wund scheuert. Mitten im Wald steht der Baum – gedreht wurde in Niedersachsen, wo es mancherorts aussieht wie in Kanada – und Nolan kann sich nicht erinnern, wie er dort hinkam, oder warum ihm das jemand antut.

Also sitzt er, zunehmend verzweifelt, und es wird Abend, und es wird Nacht, und es wird Morgen. Wildtiere schnaufen, Vögel zwitschern. Der Mann grübelt. Und die Zuschauerin fragt sich, wie lange der Film diese schlichte Ausgangslage beibehält, beziehungsweise auf welche Weise er sie wohl fruchtbar machen wird. Da legt Schölermann, der ein Drehbuch von Steve Fauquier in Szene setzt, die ersten Spuren, die möglicherweise auf Irrwege führen, möglicherweise aber auch Teil von etwas Größerem sind: Visionen, Albträume, Erinnerungen, Vorahnungen. Dann kommt ein Mann des Wegs und schlägt in unmittelbarer Nähe Nolans sein Lager auf, ohne diesem zu helfen.

Entgegen erster Befürchtungen wird einem hier also nicht langweilig; auch wenn das verbale Kräftemessen, in das Nolan und der selbst erklärte »Naturbursche« bald verwickelt sind, den Erwartungen an einen Survivalthriller zuwiderläuft. »Bark« ist eben kein simpler Thriller, der vom Überlebenskampf des Einzelnen in einer feindlich gesonnenen Umwelt erzählt. 

Vielmehr muss dieser Einzelne mit Schrecken erkennen, dass er zu einem Ganzen gehört, unter dessen Teilen sich kein unwichtiges findet. Dass also der Begriff der Verantwortung mit individualistischem Gutdünken nicht zusammengeht. Es sei Baum oder Hund, es ist Mitgeschöpf und verdient als solches Respekt. Die Wahrheit, der Nolan am Ende ins Auge sehen muss, ist bitter. Die Konsequenz, die er daraus zieht, nicht minder. Und die Frage, die bleibt, hallt mächtig in unseren Köpfen.

 

 

VÖ: 5. Dezember 2024

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