DVD-Tipp: »El Entusiasmo« (2018)
Als sich Mitte der 1930er Jahre in Spanien General Francisco Franco – später auch bekannt als »El Caudillo de España« – an die Macht putschte und den Spanischen Bürgerkrieg auslöste, sahen sich die Anarchosyndikalisten der unabhängigen Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT) in den Untergrund gedrängt.
Aus eben diesem strömten mit dem Ende des Franquismo 1975 dann aber nicht nur die älter und abgeklärter gewordenen Kämpfer:innen zurück ins Freie und versuchten, sich neu zu organisieren. Es strömten diesen Überlebenden auch Massen von marginalisierten Menschen jedweder Couleur zu, die endlich Freiheit witterten. Der Korken knallte aus der Champagnerflasche, die Lebenslust quoll heraus und mit ihr der verspätete Aufbruchsgeist der 1960er Jahre. Mit einem Male schien alles möglich. Der kurze Sommer der Anarchie . . .
In einer rasanten Montage aus historischem Originalmaterial und Interviews mit Zeitzeug:innen und Fachleuten zeichnet Luis E. Herrero das Bild jener als »El Entusiasmo« bekannt gewordenen Zeitspanne libertärer Begeisterung, die seinem Filmdebüt den Titel gibt.
Es sind wenige Jahre, in denen die fundamentale Veränderung der Gesellschaft, Revolution gar, tatsächlich möglich schien. Was dann passierte, kennt die Geschichtsschreibung unter dem Begriff »Transición«, der den Übergang zur Demokratie unter Verzicht auf die Aufarbeitung der Diktatur bezeichnet. Vertane Chancen . . .
Das üppige Bonusmaterial dieser verdienstvollen Veröffentlichung setzt sich aus einem knappen Dutzend kurzer Filme zusammen, vom Fernsehbericht bis zum Homemovie. Mit ihrer guten Stunde Laufzeit bieten diese die Möglichkeit, zu vertiefen, was im atemlosen Zeigegestus des Hauptfilms lediglich gestreift werden konnte. In seiner Argumentations- wie Bildfülle ist »El Entusiasmo« nicht nur ein wichtiger Eintrag in die Archive gegenkultureller Bewegungen, sondern auch Impulsgeber für eine Gegenwart, die einen frischen Aufbruch braucht.
VÖ: 18. April 2024
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