Apple TV+: »Masters of the Air«
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Die »Bloody Hundredth« war das vielleicht legendärste US-amerikanische Bombengeschwader im 2. Weltkrieg. Der Einheit, die zur Air Force gehörte, eilte der Ruf voraus, vom Pech verfolgt zu sein. Doch je höher der Blutzoll, umso stärker ihr esprit de corps. Die Truppe bestand laut Zeitzeugen aus Draufgängern und Individualisten, deren waghalsige Himmelfahrtskommandos für Ehrfurcht sorgten. Stoff, aus dem Helden gemacht werden: Schon 1949 wurde im Kriegsfilm »Der Kommandeur« mit Gregory Peck das Schicksal der Einheit erzählt. In der neunteiligen Serie knüpfen die Produzenten Steven Spielberg und Tom Hanks an ihre Serien »Band of Brothers« (2001) und »The Pacific« (2010) an. Sie beginnt mit holprigen Flugversuchen der Piloten in Grönland, bevor die Einheit zum RAF-Stützpunkt Thorpe Abbotts gelangt. Im Juni 1943 werden die blutjungen, notdürftig ausgebildeten Kampfpiloten bei der ersten Mission, einem Angriff auf Bremen, schockartig mit der Realität des Krieges konfrontiert.
Die Serie bebildert mit viel Aufwand und Detailfreude das verlustreiche »Learning by Doing«, die mentale Befindlichkeit der Piloten und die Entwicklung der militärischen Strategie: Waren zunächst Fabriken das Ziel der Bombergeschwader, so geriet bald die Zivilbevölkerung ins Visier. Der Stress im Cockpit unter Dauerbeschuss von Flak und Abfangjägern macht die Hälfte der Filmdauer aus, langweilig wird dieser Krieg von oben aber nie. Die B-17-Bomber wurden zwar »Flying Fortress« genannt, doch die Serie vermittelt hautnah, wie ungeschützt die Besatzung Kälte und Beschuss ausgeliefert war.
Dies ist eine Serie für Schrauber und für Männer, wobei mit »Elvis«-Darsteller Austin Butler als »Buck« Cleven und Kumpel Callum Turner als »Bucky« Egan zwei ansehnliche Haudegen im Zentrum stehen. Historische Figuren sind auch Navigator Harry Crosby, aus dessen Perspektive das Geschehen meist erzählt wird (die Serie ist u .a. von seinen Memoiren inspiriert), und »Rosie« Rosenthal, der mit 52 Einsätzen den Rekord hielt. Gewürdigt werden zudem zwei Piloten der afroamerikanischen »Tuskegee Airmen«-Gruppe, die in Italien stationiert war. In Kriegsgefangenenlagern treffen die Piloten, zwischendurch vermisst, erneut aufeinander.
Obwohl ihre Coolness schon in Kleidung und Gebaren unübersehbar ist, herrscht keine »Top Gun«-Atmosphäre. In ihrer epischen Odyssee stranden die Piloten unten, im Feindesland, erleben Résistance, KZ's, das Inferno zerbombter Städte, den Hass der Bevölkerung noch in den letzten Kriegstagen: Europa, ein Schlachtfeld. Szenen der Bombenabwürfe auf Berlin, Frankfurt und Münster erzeugen beim deutschen Zuschauer durchaus gemischte Gefühle. Die psychische Ausnahmesituation in diesen Kriegsjahren wird aber am eindringlichsten im Warten auf dem Stützpunkt auf die heimkehrende Staffel deutlich, im bangen Abzählen der Flieger, von denen manchmal von 15 nur einer zurückkam.
OV-Trailer
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