ZDF-Mediathek: »The Outlaws«
© ZDF/Big Talk/Four Eyes/James Pardon/Sam Taylor/White Light
Statt in einen Club zu gehen oder auch nur durchs Internet zu streifen, folgt Rani widerspruchslos ihren Eltern, die ihre Tochter zu ständigem Lernen anhalten – Oxford winkt. Jedes Büchereibuch komme mehr in der Welt herum als sie, klagt Rani ergeben. Insgeheim kompensiert die Musterschülerin den andauernden Druck durch Ladendiebstähle – und wird erwischt.
Zu Sozialarbeit verurteilt, findet sich Rani in einer Gruppe von anderen Missetätern wieder. Unter dem Kommando der schroffen Diane sollen sie ein verkommenes Gemeindezentrum herrichten. Das unsichere Mädchen trifft auf eigenwillige Gestalten: auf die rebellische Myrna, die geholfen hat, die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston zu stürzen, aber mit ihren kompromisslosen Klassenkampfimperativen selbst Gleichgesinnten auf die Nerven geht. Greg ist ein privat wie beruflich erfolg- und hilfloser Rechtsanwalt, John ein polternder, reaktionärer Unternehmer, der gerade ein wichtiges Geschäft vermasselt hat. Die adlige, dank Reality-TV und Social Media prominent gewordene Gabby legt einen extravaganten, von einer Pressemeute begleiteten Auftritt hin. Christian lebt in einem von Drogengangs beherrschten Problemviertel. Er versucht, sich und seine jüngere Schwester Esme von den Verbrechern fernzuhalten. Doch gerade er ist es, der sich, Rani und die Übrigen in Schwierigkeiten bringen wird.
Fehlt noch Frank, eine Paraderolle für Christopher Walken. Frank ist ein Gauner, Schwerenöter und notorischer Hochstapler, der bei seiner Tochter Margaret und deren Familie untergekommen ist, weil er eine elektronische Fußfessel tragen muss und eine feste Adresse braucht. Willkommen ist er nicht, denn, wie Margaret ihrem Sohn Tom einschärft: »Das Einzige, was dein Großvater wirklich mag, ist Saufen, Zocken und einen wegstecken.«
Die Klischees scheinen nur so zu wuchern, aber Elgin James und Stephen Merchant, die Schöpfer der Serie, münzen sie um. Merchant arbeitete bei mehreren Projekten mit dem kongenialen Ricky Gervais zusammen. Unter anderem heckten beide die Pseudo-Doku-Soap »The Office« aus, aus der in Deutschland, anfangs unlizenziert, bis die BBC mahnend den Finger hob, »Stromberg« wurde.
Merchant ist in »The Outlaws« in der Rolle des Greg zu sehen, für das Regiekonzept verantwortlich und Hauptautor der sechs Folgen. Der Serie gelingen witzige, oft anspielungsreiche Dialoge unter Verwendung diverser Jargons. Nach und nach wird enthüllt, dass die Biografien der Protagonisten tragische Ereignisse und verstörende Erfahrungen umfassen. Lady Gabriella, die exaltierteste der Straffälligen, erscheint auf den ersten Blick als verwöhntes Kind mit schlichtem Gemüt. Auf der Straße wird sie erkannt, um Selfies gebeten, kennt keine Geldsorgen, wohl aber extreme Stimmungsschwankungen. Für ihre Freundin Lara war das zu viel, sie löste die Beziehung auf. Nachts sitzt Gabby in einer ihrer Luxuskarossen, rast trunken durch die Stadt oder parkt lauernd vor Lauras Wohnung. Doch die Lady gerät nicht zur Karikatur. Zwischen ihren Wutanfällen beweist sie soziale Kompetenz, ist einfühlsam und hilfsbereit. Manches erklärt sich, wenn ihr kaltherziger Vater ins Spiel kommt.
Die glücklosen Sieben lernen sich mit der Zeit besser kennen, rücken zusammen, denn »The Outlaws« bietet komödiantische Situationen, ist aber in erster Linie ein Krimidrama. Ein Teillob verdient die Synchronisation, für die Andreas Pollack verantwortlich zeichnet. Samina König spricht als deutsche Stimme der verschüchterten Rani verhalten und nuanciert, ohne das oft in diesem Gewerbe übliche Theatergebrüll. Leider gibt es auch dafür ein Beispiel: Peter Flechtner synchronisiert John, laut und überbetont.
Eine Notiz für Kunstinteressierte: Das Banksy-Graffito in der Schlussfolge ist echt, vom großen Unbekannten bei Nacht und Nebel auf die Kulisse gesprüht.
OV-Trailer
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