DVD-Tipp: »Marleneken« (1990)

 Von »Autorenserien« war kaum die Rede in der Frühzeit des westdeutschen Fernsehens. Nicht ungewöhnlich aber, dass, wie im Vorspann des Zweiteilers »Marleneken«, der Name der Autorin vor dem der Regisseurin genannt wurde, hier Karin Brandauer. Die Drehbücher schrieb Eva-Maria Mieke, sie brachte Erfahrungen als Produzentin, Produktionsleiterin und Dramaturgin mit. Seit 1968 verfasste Mieke zeitkritische Fernsehspiele und -serien, oft aus weiblicher Warte. 

Einige ihrer Stoffe enthalten erkennbar autobiografische Motive. Mieke war 1961 von der DDR in die Bundesrepu­blik Deutschland gezogen. Ihre Hauptfigur Marilena, genannt Marleneken, tut den gleichen Schritt. Sie erinnert sich, als sie im Winter 1989 aus Westdeutschland zu ihrer Familie in die DDR reist. Noch gibt es Grenzkontrollen, aber die SED ist entmachtet. 

Unterwegs schweifen Marilenas Gedanken ab, in die Kindheit, die Erfahrung von Krieg und Armut, Kapitulation und Nachkriegszeit, die Anfänge des SED-Regimes, als eine FDJ-­Mitgliedschaft mit besseren ­Noten belohnt wurde. Ihr Vater lebt mit neuer Ehefrau im Westen. Dorthin zieht es auch Marilena, aber ein leichtes Leben erwartet sie nicht. Sie muss eine Scheinehe eingehen, um als Minderjährige umsiedeln zu können, sucht unentschlossen nach dem passenden Beruf, wird schwanger.

»Marleneken« hatte im Mai 1990 Premiere. Die Passagen, die in der damaligen Gegenwart spielen, ergeben ein stimmiges Zeitbild. In Brandauers ruhiger, auf die Entwicklung der Figuren abgestellter Inszenierung entfaltet sich die Geschichte nonlinear. Erinnerungen an Kindheit und spätere Lebensphasen wechseln sich ab. Die Rolle der erwachsenen Marilena spielt Hannelore Hoger, die jugendliche Marilena wird von ihrer Tochter Nina Hoger verkörpert. Einen ähnlichen Besetzungscoup gab es in Miekes Serie »Beate S.«, mit Suzanne von Borsody und ihrer Mutter Rosemarie Fendel. Leider enthält die Veröffentlichung kein Booklet zu dieser bemerkenswerten ZDF-ORF Produktion.

Marleneken D 1990. R: Karin Brandauer. Da: Hannelore Hoger, Nina Hoger, Karin Baal, Elisabeth Trissenaar, Hans-Michael Rehberg. Anbieter: Pidax.
VÖ: 29. September 2023

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