Sky: »The Rising«
© Sky Studios
Unter Wasser, nur ein paar Lichtstrahlen stechen durch die Oberfläche ins trübe Dunkel, die Umrisse eines menschlichen Körpers erhellend, der vollständig bekleidet durch die Fluten treibt, leblos zunächst. Plötzlich öffnen sich die Augen, und die junge Frau drängt panisch nach oben, schnappt nach Luft und schleppt sich mit letzter Kraft ans Ufer. Unheimliche Knarzgeräusche im Wald und ein aufschreckender Schwarm Raben sind bereits erste Anzeichen, dass es hier nicht ganz mit natürlichen Dingen zugeht. Und tatsächlich scheint niemand auf Neve Kelly (Clara Rugaard) zu reagieren, als sie zurück nach Hause kommt. Auch ihre Mutter, die nach dem Verschwinden ihrer Tochter voller Sorge ist, sieht und hört nicht, wie die 19-Jährige vor ihr steht und sie verzweifelt anschreit. Spätestens als Neve dann im Spiegel die Würgemale am Hals und eine klaffende Wunde am Hinterkopf entdeckt, wird ihr klar, dass sie ganz offensichtlich Opfer eines Mordes wurde. Als Untote ist sie nun buchstäblich wieder aufgetaucht, um ihr eigenes Ableben aufzuklären. Erinnerungen hat sie zunächst kaum, nur kurz aufblitzende Momente, die sie nicht einordnen kann. Und bald eine Ahnung, den oder die Täter im nächsten Umfeld, womöglich sogar innerhalb der eigenen Familie zu finden.
Die britische Mysteryserie »The Rising« verschiebt damit die Konventionen des klassischen Krimis ins Fantastische, das Opfer wird nicht nur selbst zur Ermittlerfigur, es macht sich vor allem die Unsichtbarkeit als eine Art Superkraft zunutze. Bei ihren Recherchen stößt Neve bald auf einen Sumpf von Lügen und Geheimnissen, Affären und dreckigen Geschäften, in die das halbe Dorf verwickelt ist. Was ist auf der Party in der Todesnacht passiert? Ist ihr Freund Joseph (Solly McLeod), mit dem sie liiert war und eine Leidenschaft für Motocross-Rennen teilt, derjenige, der er vorgab zu sein? Und warum können manche Menschen wie ihr Alkoholiker-Vater (Matthew McNulty) sie doch wahrnehmen?
»The Rising« ist das Remake der belgischen Serie »Beau Séjour«, deren in sich abgeschlossenen erste Staffel unter dem Titel »Zimmer 108« noch in der arte-Mediathek zu sehen ist. Darin erwacht eine Jugendliche blutüberströmt in einem Hotelzimmer und entdeckt in der Badewanne ihre eigene Leiche. Die Macher von »The Rising« um Hauptautor Pete McTighe nehmen sich genug Freiheiten, stilistisch und in der Handlung, um sich von der Vorlage abzuheben. Wenn man sich auf die übernatürliche Grundprämisse und die daraus resultierende Logik einmal eingelassen hat, sind die Verwicklungen und Enthüllungen immer wieder überraschend, düster und trotz allem nachvollziehbar genug inszeniert, um über acht Episoden die Spannung zu halten. Das liegt nicht zuletzt an der faszinierend ambivalenten Protagonistin, die sich weigert, ein ohnmächtiges Opfer zu sein, sondern oft impulsiv und mit großer Wut nichts unversucht lässt, die Wahrheit aufzudecken und ihren Frieden zu schließen. Auch wenn der Weg dorthin sehr wehtut.
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