Sky: »1972 – Münchens Schwarzer September«
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»Das gleiche Deutschland, das zuvor eine Tötungsmaschinerie für sechs Millionen Juden betrieben hatte, kriegt es nicht hin, acht Terroristen zu töten?« Diese bittere Anklage aus dem Mund von Anouk Spitzer, Tochter eines israelischen Sportlers, der 1972 von palästinensischen Terroristen ermordet wurde, mag polemisch überspitzt sein, bildet aber einen Kernaspekt dieses Dokudramas. Mit »1972 – Münchens Schwarzer September« erinnert Sky an den 50. Jahrestag des Münchener Olympia-Attentats.
Die dramatischen Ereignisse, in deren Verlauf Palästinenser unbehelligt ins olympische Dorf eindrangen, um elf israelische Sportler als Geisel zu nehmen, werden erzählt aus der Perspektive von Guido Schlosser. Gemeinsam mit Kollegen, die wie er selbst nicht die geringste Anti-Terror-Ausbildung hatten, sollte der damals 21-jährige Polizist die Geiselnehmer auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck überwältigen. Als sich abzeichnete, dass keiner der Beamten diesen dilettantisch geplanten Einsatz überleben würde, zogen er und seine Kollegen sich zurück. War dies vernünftig oder nur feige?
Nach 50 Jahren, in denen er sich diese bange Frage immer wieder stellte, tritt Guido Schlosser schließlich der Tochter und der Ehefrau in Israel einer der Geiseln gegenüber, die er seinerzeit nicht retten konnte. Die bewegende Zusammenkunft bringt zugleich das Dilemma jüngerer deutscher Geschichte auf den Punkt.
So berichten Schlosser und andere Zeitzeugen, wie die Spiele von 1972 projektiert waren als Gegenbild zu Hitlers Olympia-Inszenierung von 1936. Illustriert wird dies mit aussagekräftigen Archivfilmen. Dabei wird deutlich, dass der Versuch, sich mit einer »Flower Power«-Offensive von der Holocaust-Schuld zu befreien, zu einer gespenstischen Wiederkehr des Verdrängten führte. Mit dem Leichtathleten Shaul Ladany hielt sich auch ein Überlebender der Shoa vor Ort auf. Ladany konnte fliehen. Elf jüdische Sportler-Kollegen wurden ermordet. Auf deutschem Boden.
Der Film von Christian Stiefenhofer und Mohamad Abou Falah setzt Akzente bei der visuellen Gestaltung. Reenactments machen die beklemmende Situation der Geiselnahme emotional spürbar. Wie gnadenlos die Erschießung der gefesselten Geiseln tatsächlich war, kann die szenische Rekonstruktion allerdings kaum zeigen.
Diese Unschärfe zeigt sich ebenso bei der lückenhaften Darstellung der historischen Wurzeln des Nahost-Konflikts. Mit einigen knappen Sätzen reduziert die Historikerin Sarah El Bulbeisi die Staatsgründung Israels auf die Vertreibung der Palästinenser aus Gebieten, in denen sie traditionell lebten. Zu Wort kommen Zeitzeugen, darunter auch der reulose Drahtzieher des Terrorkommandos Schwarzer September. Dem palästinensischen Narrativ, wonach die Geiselnahme von 1972 eine Notwehr gegen den israelischen Staat gewesen sei, wird nicht ausreichend widersprochen. Dank dieser Einseitigkeit hinterlässt das aufwendig produzierte Dokudrama einen unausgewogenen Gesamteindruck.
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