Netflix: »The Old Guard«
Zwei starke Frauen im Zentrum, ein Team aus verschiedenen Religionen und Hautfarben inklusive zweier Männer als Liebespaar – man könnte es fast für eine Persiflage halten, so umfassend erfüllt »The Old Guard« die Forderungen nach mehr Diversität. Doch der Ton, den die Stimme der Andromache (Charlize Theron) über dem ersten Bild aus dem Off anschlägt, ist so kampfesmüde und melancholisch, dass jeder Gedanke an Parodie sofort verfliegt. Man sieht die Superhelden, angeführt von »Andy«, wie sich Andromache rufen lässt, am Boden liegen, niedergemäht von einem Kugelhagel. Sie hätte es wissen müssen, beklagt die Stimme, während der Film kurz die Vorgeschichte des Massakers zeigt. Da trommelt Andy also die Band wieder zusammen: Die besteht aus Booker (Matthias Schoenarts), Joe (Marwan Kenzari) und Nicky (Luca Minarelli). Der Ex-CIA-Agent Copley (Chiwetel Ejiofor) bittet die offenbar gut ausgebildeten Kämpfer, eine Gruppe entführter Mädchen in Somalia zu befreien. Die Mission stellt sich als Falle heraus. Ein Bösewicht (Harry Melling), CEO einer Pharmafirma, hat es auf die DNS von Andy und Co abgesehen. Denn sie sind – unsterblich. Was bedeutet: Ein Kugelhagel kann sie zwar niedermähen, aber nach kurzer Zeit schon fällt das Metall aus ihren Körpern, beginnen sich die Wunden wieder zu schließen, und sie stehen auf und kämpfen weiter. Für dieses Mal sind die Pharma-Schergen darauf nicht richtig vorbereitet, aber von jetzt an sind die »Immortals« die Gejagten.
Da es sich um neue Superhelden handelt – die Graphic-Novel-Vorlage von Greg Rucka, stammt aus dem Jahr 2017 – muss viel Backstory in diesen Film. Da passt es gut, dass mit der US-Soldatin Nile (KiKi Layne) ein Neuzugang zur Truppe stößt. Weil deren schnellschließende Wunden schon das Misstrauen der US-Armee erregen, holen Andy und ihre Freunde sie aus Afghanistan raus und nehmen sie unter ihre Fittiche. Was Nile zunächst als ziemlich übergriffig empfindet. Nach und nach erzählt man ihr, wer wer ist und wie die Dinge laufen beziehungsweise bislang gelaufen sind. Dass Booker ein napoleonischer Soldat ist, dass Nicky und Joe sich von verschiedenen Seiten der Kreuzzugs-Barrikaden ineinander verliebten und dass Andy lange, lange Jahrhunderte mit einer Freundin unterwegs war, die von den Hexenverbrennern bestraft wurde und seither nicht mehr auffindbar ist.
Es ist eine Menge Stoff – aus dem der Film denkbar wenig macht. Die einzige Ausdrucksform für jene Art von Altsein, die diese Figuren auf dem Buckel haben, ist ihre melancholische Abgeklärtheit, im Fall von Andy gepaart mit jenem müden Sarkasmus, der im Western sonst den Revolverhelden, die als Erste draufgehen, vorbehalten bleibt. Für spritzige oder gehaltvolle Dialoge bleibt aber eh keine Zeit, weil ja immer wieder gekämpft werden muss, spektakulär und so. Dass hier mit Gina Prince-Bythewood eine Frau und dazu Afroamerikanerin inszeniert, macht da keinen sichtbaren Unterschied. Dem am Ende angedeuteten Sequel schaut man eher abgeklärt entgegen.
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