Festival on demand
© Lichter Film Fest
Die Festivaldaten sind dann doch die gleichen. Vom 21. Bis 26.4. gibt es wieder das Lichter Film Fest in Frankfurt, diesmal sogar in der (verflixten) 13. Ausgabe. Doch 2020 ist vieles anders: Als »Lichter on Demand« geht es online an den Start. Das Lichter Filmfest ist damit das erste Filmfestival in Deutschland, das mit Online-Angeboten auf die Corona-Krise und die Schließung der Kinos reagierte, eine Pioniertat. Viele andere Festivals werden folgen (müssen), das DOK.fest in München etwa oder die altehrwürdigen Kurzfilmtage in Oberhausen im Mai.
Die Filme gelangen nun über eine Streamingplattform ins heimische Wohn- oder Arbeitszimmer, wo der Festivalzuschauer sie natürlich auch bezahlen muss. Acht Euro wie an einer Kinokasse kostet der Eintritt, und ein Teil des Eintritts geht an die – geschlossenen – Kooperationskinos des Festivals. Und die Zahl der Zuschauer ist pro Film auf 300 begrenzt, wie es auch im Kino durch die Zahl der Sitzplätze Begrenzungen gibt. So dass es auch zu ausverkauften Vorstellungen kommen könnte.
Natürlich kommen die Besucher zu einem Festival, um Filme zu erleben, aber sie wollen auch die Gäste sehen und kennen lernen und mit ihnen diskutieren, zum Beispiel nach der Vorstellung. Damit auch Festivalatmosphäre digital rüberkommt, hat sich das Lichter-Team etwas ausgedacht: Bonusmaterial. Da kann man auf dem YouTube-Kanal die Ansagen der Filmemacherinnen und Filmemacher vor dem Film anschauen genau wie Gespräche über das Werk. »Das Corona-Virus hat uns gelehrt, Fern-Nähe zu üben«, sagt Alexander Kluge als Ansage zu seinem Film »Orphea«, einer Annäherung an den Orpheus- und Eurydike-Mythos mit umgekehrten Rollen, der in der kleinen Reihe »Zukunft deutscher Film« läuft.
Aber auch wenn vieles bei Lichter anders ist in diesem Jahr, das Konzept, Regionales mit Internationalem zu verbinden und damit ein ambitioniertes Programm zu präsentieren, ist gleich geblieben. Im regionalen Wettbewerb konkurrieren neun Langfilme und 21 Kurzfilme um die von der Dr. Marschner-Stiftung mit 3.000 beziehungsweise 1000 Euro ausgestatteten Preise. Zu den Highlights dürfte »30 Jahre, aber den Sinn des Lebens habe ich immer noch nicht rausgefunden« von Jan Peters zählen. Peters lehrt in Kassel Film, und er hat an seinem 24. Geburtstag mit seiner Super-8-Kamera zum ersten Mal ein dreiminütiges Selbstporträt aufgenommen – und dann jedes Jahr einen neuen, in denen er über Kindheit und die Liebe erzählt. 29 Folgen sind so entstanden, ein autobiografischer Dokumentarfilm in abendfüllender Länge. Ein anderer hessischer Professor hat »Es geht ein dunkle Wolk herein« von Oliver Wörner produziert: Helmut Herbst, der an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach lehrte und selbst Spiel und Dokumentarfilme gedreht hat. Der Film porträtiert ein kleines Dorf im Odenwald, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint.
Wie immer steht das internationale Filmprogramm unter einem Motto: in diesem Jahr ist es »Macht«. Von Quentin Dupieux stammt »Monsieur Killerstyle« (Le Daim), in dem es um ein obsessives Verhältnis eines Mannes zu seiner Lederjacke geht; der französische Regisseur Dupieux wurde auch bei uns bekannt durch sein schräges Roadmovie »Rubber«, dessen Protagonist ein menschenmordender Reifen war. Die Doku »Midnight Family« (USA/Mexixo) ist ein Einblick in das Gesundheitssystem von Mexico City, wo es für neun Millionen Menschen gerade mal 45 lizenzierte Rettungswagen gibt. Dafür aber Tausende selbsternannte Rettungssanitäter und -sanitäterinnen, die sich Wettrennen um die Patienten liefern. Das satirische Biopic »20th Century« von Matthew Rankin porträtiert einen ziemlich gestörten Politiker, der für Jahrzehnte Kanadas Premierminister werden sollte. Rankin kombiniert Verweise auf Stummfilme mit melodramatischen und Comic-Elementen, eine »außergewöhnliche Mischung«, wie Festivalleiter Gregor Maria Schubert den Film beschreibt. Hoffen wir auf »volle Häuser«.
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