DVD-Tipp: »Best-of Wim Wenders«
Foto: © Wim Wenders-Stiftung
»Was ich alles an Zeit in meinem Leben an der Jukebox zugebracht habe«, entfährt es Wim Wenders im Audiokommentar zu seinem frühen Film »Alice in den Städten« (1974) während einer Szene, bei der er selber im Hintergrund an einer Jukebox zu sehen ist. Bekannt ist ja auch seine Äußerung nach seinem ersten historischen Film, »Der scharlachrote Buchstabe«, er wolle »nie wieder einen Film machen, in dem keine Jukebox vorkommen könnte«. Die Jukebox nimmt einen großen Raum ein in Wenders’ erstem Kinofilm »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter«, mit dem er 1972 den Roman seines Freundes Peter Handke adaptierte, zwei Jahre nachdem er an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film mit dem abendfüllenden »Summer in the City« seinen Abschluss gemacht hatte.
Nachdem er sich bei einem Spiel mit dem Schiedsrichter angelegt hat, wird Torwart Bloch auf die Ersatzbank verwiesen, fährt nach Wien, trifft verschiedene Frauen, wobei er die Kassiererin eines Kinos im Affekt erwürgt. Er setzt sich ins Burgenland zu einer alten Bekannten ab und verfolgt in der Zeitung, wie die polizeilichen Ermittlungen verlaufen. Neben dem Faible für Jukeboxen ist bei seinem Protagonisten auch Cinephilie spürbar, im Kino sieht er Howard Hawks’ »Rote Linie 7000« und Don Siegels »Nur noch 72 Stunden«, immer wieder zitiert er Situationen aus Filmen, die er gesehen hat. Als Studie über Bewegung und Stillstand vermag der Film noch heute zu faszinieren, auch im abgeklärten Spiel der Darsteller – was nicht unbedingt auf Rüdiger Vogler zutrifft, aber der spielt hier ja auch den Dorfdeppen.
Gerade Wenders' Vorliebe für Musicboxen hat dazu beigetragen, dass der Film viele Jahre lang nicht zu sehen war, denn für die daraus erklingenden Songs hatte seinerzeit niemand die Rechte eingeholt. Das wurde jetzt teilweise nachgeholt, andere wurden geschickt ersetzt. Digital restauriert liegt der (auf 16 mm gedrehte) Film jetzt mit exzellentem Bild vor, als Extra gibt es ein englischsprachiges Featurette zur Restaurierung (15 Min.).
Parallel zur Erstveröffentlichung dieses Films ist zum 70. Geburtstag des Regisseurs eine »Best-of«-Box mit zehn Filmen erschienen, von »Alice in den Städten« über »Der amerikanische Freund«, »Der Stand der Dinge«, »Paris, Texas«, »Der Himmel über Berlin«, »In weiter Ferne, so nah!«, »Lisbon Story« und »Buena Vista Social Club« bis hin zu »Bis ans Ende der Welt« (im 1994 erstellten Director's Cut) und »The Million Dollar Hotel« (2000). Die 2006 erschienene »Director's Edition« bot auf zehn Discs nur sieben Filme, dafür die jüngsten drei aber jeweils mit einer Bonus-Disc, auf die man hier verzichtet hat – und sie enthielt mit »Im Lauf der Zeit« einen seiner Klassiker, den man hier schmerzhaft vermisst. »Best-of« ist überhaupt eine irritierende Formulierung. Es handelt sich dabei um Wenders' »erfolgreichste Filme«, wie der Waschzettel verrät.
Die Filme liegen hier in der gleichen DVD-Ausstattung wie die früheren Einzelveröffentlichungen vor, bis auf »Bis ans Ende der Welt« alle mit Audiokommentaren von Wenders, vier Mal wird Wenders befragt von Roger Willemsen (2001), vier Mal gibt es geschnittene Szenen, manchmal Trailer, Fotogalerien und Musikclips. Für Einsteiger geeignet, die fehlenden Titel sind einzeln alle noch erhältlich. Die anderen hoffen auf die Digitalisierungen von Wenders' frühen Filmen an der HFF.
Anbieter: Arthaus/Studiocanal
Anbieter: Arthaus/Studiocanal
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