»Game of Thrones: The Last of the Starks« (S08E04)
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Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Mit der ausklingenden langen Nacht und der sich ankündigenden Schlacht um King's Landing war »The Last of the Starks« vor allem eine Brücke zwischen den zwei größten Ereignissen der achten Staffel. Doch war die Episode nicht arm an überraschenden Wendungen und folgereichen Todesfällen
»The Last of the Starks« lässt nach dem Schrecken der vergangenen langen Nacht zunächst verschnaufen. Es ist eine Folge des Gedenkens und Feierns. Die Toten werden würdig verabschiedet, das Überleben feuchtfröhlich im Festmahl begossen, letzte Belohnungen ausgeschüttet: Dany ernennt Gendy zum Herren von Storm’s End. Brienne und Jaime kommen sich näher und teilen sich eine Liebesnacht. Jon offenbart seinen Geschwistern Sansa und Arya seine wahre Identität. Die Starktöchter finden ihren Frieden mit dem Hound und Bronns Angebot von Cersei wird durch Tyrion verdoppelt. Doch die Freude währt nicht lange; Vorbereitungen für die nächste Schlacht werden getroffen, weiterer Zwist und Konflikt gesät und erste schwere Verluste erlitten. Am Ende steht eine angeschlagene Dany mit ihrer Armee vor King’s Landing, wo Cersei sie erwartet. Zwei erbitterte Königinnen schauen sich Auge in Auge, bereit, für den Sieg alles und jeden in Schutt und Asche zu legen. Vergessen ist Dankbarkeit, Versöhnung und Frieden. War »The Long Night« nur der Auftakt für den wahren Horror, der da kommen wird?
Die Schlacht von Winterfell war etwas Einzigartiges, wie Jon Snow in seiner wahrscheinlich besten Ansprache feststellt. Menschen unterschiedlicher Herkunft, Feinde kamen zusammen, stellten ihre Querelen und eigenen Interessen beiseite, um in der dunkelsten Nacht das Leben selbst zu verteidigen. Jon ermahnt, ihr Opfer nicht zu vergessen. Westeros soll sich der untilgbaren Schuld gegenüber den Gefallenen erinnern, auch an den Frieden, für den sie und in dem sie kämpften. Es ist die große Tragik der Folge, dass ausgerechnet diese Ansprache überhört bleibt, als alte Feindschaften, selbstzerstörerisches Verlangen, Selbstsucht und Hass wieder aufflammen. »The Long Night« hätte eine wesentliche Lektion in der Geschichte Westeros sein können, ein Wendepunkt der Gesinnung, zumindest ein Weckruf. Stattdessen hat die Schlacht gegen den Night King nur Danys Armee halbiert und die Chancen im Kampf um den Eisernen Thron ausgeglichen. So endet »The Last of the Starks« mit dem Ausblick, dass sich das Rad ein weiteres Mal dreht und die Menschen von Westeros zu dem zurückfinden, was sie am besten können – sich gegenseitig auslöschen.
Die Stimmung in der Halle von Winterfell ist ausgelassen. Vom Tod, der durch diese Hallen zog, keine Spur. In jeder Ecke wimmelt es vor Leben, es wird geschmaust, gelacht, getrunken und – natürlich – geliebt. Die Klammer von Eros und Thanatos, von Vergänglichkeit und purer Lebendigkeit schließt sich erneut; Carpe Diem und Memento Mori vereinen sich zum barocken Exzess. Es ist das letzte Abendmahl vor Tod und Verrat, denn im Sieg kündigt sich bereits die Niederlage an. Daenerys sitzt am Kopf der Festgemeinde, jedoch nicht im Zentrum. Sie wählt ihre Worte weise, tut alles, um den Norden und die Westerosi von ihr zu überzeugen. Sie legitimiert Roberts Bastard Gendry, erhebt ihn zum Baratheon und Erben von Storm’s End. Sie ehrt die Heldin von Winterfell, Arya Stark. Doch vergebens. Nach und nach verlassen die Verbündeten ihre Seite. Sansa wendet sich dem Hound zu, Tyrion sitzt und trinkt bei seinem Bruder Jaime, Ser Brienne und Podrick, Jon wird von Tormund und den Nordleuten als wahrer Krieger und Held gefeiert. Nur ein König wie er kann so ein Biest von einem Drachen reiten! Autsch. Langsam erhebt sich Dany von ihrem einsamen Platz und verlässt die Festgemeinde. Keiner außer Varys bemerkt ihr Verschwinden. Eine Königin, eine Retterin, die keiner will.
Der ruhende Konflikt zwischen Dany und Westeros entfaltet sich. Drachen oder Schattenwolf? Die Antwort auf die beliebte Fan-Frage ist für manche Figuren wie Grey Worm, Missandei, Sansa oder Tormund eindeutig. Für andere wird sie zur innerlichen Zerreißprobe. Sie stellt die Liebe zwischen Dany und Jon auf die Probe. Die Drachenkönigin fordert, dass Jon sein Geheimnis für sich behält, damit alles so bleibt wie vorher. Jon weist es zurück; er will den Thron nicht, er dient nur Dany, aber er ist seiner Familie zur Wahrheit verpflichtet. Treu ergeben weiht er seine Geschwister ein, und übersieht die verheerenden Konsequenzen seiner ehrlichen Tat. Das Geheimnis wird zur Information, die Information zur Waffe. Sansa sagt es Tyrion, Tyrion sag es Varys. Verräterische Gedanken beginnen zu keimen: Ist Dany wirklich die beste Wahl für den Thron? Was, wenn es eine Alternative gibt? Ist nicht derjenige, der keine Macht begehrt, am würdigsten, sie auszuführen? Tyrion zögert jedoch, seine Königin aufzugeben. Sein Glauben an Dany, worauf er auch immer basiert, bleibt fest. Er glaubt an ihr Versprechen, die Welt zum Besseren zu ändern. Auch bei seiner Schwester hat er an ihre gute Seite appelliert – mit katastrophalen Folgen. Es ist befremdlich, ausgerechnet einen der skeptischsten und klügsten Köpfe in Westeros von solch blindem, naivem Optimismus erfüllt zu sehen. Wer nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist. Doch langsam scheint in Westeros alles Wundersame zu schwinden – die Children of the Forest, die White Walker, die roten Priester mit ihrer Feuermagie, die Schattenwölfe und Drachen.
Wendepunkt der Folge ist der Tod von Danys zweiten Drachen. In einem Hinterhalt auf Danys Armada vor Dragonstone holt der übermächtige Euron Greyjoy Rhaegal mit einem gezielten Schuss vom Himmel und lässt alle Hoffnungen auf einen einfachen, verlustarmen Sieg im Meer versinken. Als wäre es nicht genug, bringt der Pirat auch noch Danys Übersetzerin Missandei in seine Gewalt. Bei den Verhandlungen der beiden Königinnen vor den Toren von King’s Landing dient sie als Geisel und wird vor aller Augen enthauptet. Der grausame Tod des zarten Mädchens ist der Preis für Tyrions guten Willen. Er wollte Cersei eine letzte Chance geben, diese hat jedoch bewiesen, dass mit ihr nicht zu verhandeln ist. Bebend vor Zorn zieht Dany ab. Sie wird nicht mehr auf ihre friedfertigen Berater hören, sondern nur noch auf Missandeis letzte Worte: Dracarys. Feuer und Blut werden über King’s Landing hinab regnen. Der Kampf der beiden Königinnen wird vorbereitet als das Scharmützel zweier Mad Women, die nur das Bord frei fegen, um dem männlichen Anwärter den Weg zum Thron zu ebnen. Ist die Regentschaft der starken Frauenfiguren vorbei? Gott sei Dank ist ja noch Arya, die Heldin Winterfells, unterwegs nach King’s Landing. Wem wird ihr Dolch diesmal gelten?
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Die Folgen der aktuellen achten Staffel »Game of Thrones« sind in Deutschland jeden Montag exklusiv auf Sky zu sehen. Im Einzelabruf als VoD sind sie ab Dienstag bei Amazon, iTunes und im Microsoft Store verfügbar.