Fünf Staffeln sind zu lang!
Ich weiß nicht so genau, wann es eigentlich angefangen hat. Gehörte der merkwürdig-ironische Dallas-Kult schon dazu? Oder ging es erst mit Twin Peaks los, jener mythisch überhöhten Krimialltäglichkeit im Gewand testosterongetränkter Coolness? (Wie viele Schäferhunde hießen damals Cooper!) In jedem Fall hat das serielle Prinzip der Fernsehunterhaltung in den letzten Jahren zu einem unerklärlichen Hype geführt, bei dem manche sogar die Kinokultur links liegengelassen sehen. Dabei könnte man auch sagen: Wer Serien dem Kinofilm vorzieht, bewegt sich zwischen Kontrollfreak (als DVD und überlappend: damit man den Cliffhanger eliminieren kann), Angsthase (ein What-the-fuck-Moment ist aufregend, an 20 kann man sich gewöhnen) und Guru (wie in einer Meditation wiederholen sich die Stereotypen).
Eine Kritikerkollegin hat mal geschrieben: »Serien sind wie Tantra-Sex – man hat mehr davon, aber der große Knall bleibt aus«. Und tatsächlich sind doch eigentlich alle Serien, seien sie noch so hemmungslos daherfabuliert und unterhaltsam im Prozess, im Rückblick viel zu lang. Nicht mal die besten können das, was ihre Geschichte auszeichnet, über fünf Staffeln retten. So hängt Breaking Bad, das den langsamen Verfall moralischer Werte bei einem Lehrer der Mittelschicht seziert, genau da: in der Mitte durch. So faszinierend die Mobster-Speech der Sopranos sein mag, nach drei Staffeln hat sich das erledigt, ebenso wie die differenzierte Darstellung des Zusammenbruchs des englischen Adels in Downton Abbey. Von den Zigarettenschwaden in Mad Men und dem insularen Nebel in Lost ganz zu schweigen. Selbst in der Mischung aus Mystery, Fantasy und Pop in Serien wie Game of Thrones oder True Blood werden irgendwann wirklich neue Ideen rar. Was die Länge angeht, scheint mir Jane Campions Miniserie Top of the Lake vorbildlich: eine dichte Geschichte in nur sechs Folgen, die bei aller »Kürze« doch diese gewisse serielle Geborgenheit erzeugen. Da kann man tatsächlich auch mal wieder zum echten Fernsehen zurückkehren. Ohne die Sicherheit der Stoptaste und das Wissen um den endlosen Nachschub bei Netflix.
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