Dumm verkauft ...
»Noch Tausend Worte« (2012)
Die Filmindustrie hat Globalisierungswehen. Anders lässt sich das Schindluder, das mit den Titeln internationaler Produktionen auf den nationalen Märkten getrieben wird, kaum erklären. Da wäre zum Beispiel Lynne Ramsays »You Never Really Here«. In Deutschland und Frankreich heißt der Film »A Beautiful Day«. Englischer Originaltitel eingetauscht gegen englischen Verleihtitel. Das ist in dieser schwer nachvollziehbaren Form kein Einzelfall: von »Taken« zu »96 Hours« bis zu dem aktuellen »Life Of The Party«, der zu »How To Party With Mom« wurde. Ein Grund für die Umwidmungen könnten Rechteprobleme in Europa sein. Im Fall von »A Beautiful day« hat der Verleih sich vielleicht erhofft, dass der positivere Titel Spontanbesucher anzieht. Unglücklich ist, dass damit der letzte Satz des Films vorweggenommen wird, was dem Finale einen unbeabsichtigten Klischeefaktor gibt.
Eine lange Tradition hat die »Tagline«, die einen griffigen Titel ergänzt, als eine Art kontextualisierender Zusatz. Zu finden im hochkulturellen Spektrum (»Goodfellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia«), aber auch in schlichterer Verbindung (»Police Academy – Dümmer als die Polizei erlaubt«). Hier wird mehr Information gegeben und die Erwartungshaltung des Publikums geformt. Das ist recht funktional, und man kann es besser oder eben »Dümmer« machen. Schauen wir jedoch auf die letzten Monate zurück, dann zeigt sich ein weiteres seltsames Phänomen. Titel, die Taglines optisch simulieren, aber bloß Übersetzungen liefern: »Figlia Mia – Meine Tochter«, »Grain – Weizen«, »Feinde – Hostiles«,»Taste of Cement – Der Geschmack von Zement«. Nichts gegen Sprachmixe, die beleben die Kultur. Nur: Vokabeltraining im Kinofoyer? Und schließlich noch der hier: »Los Versos del Olvido – Im Labyrinth der Erinnerung«. Wie steht man denn damit an der Kinokasse? Stammelnd, könnte ich wetten. Warum nicht einfach Verse des Vergessens? Klingt gut, macht neugierig und braucht eigentlich gar nichts.
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