Der aktuelle polnische Film
»Corpus Christi« (2019). © Arsenal Filmverleih
Polen steckt mitten in einem politischen Backlash. Die Filmlandschaft dagegen scheint zu blühen – mit künstlerischen Erfolgen wie »Cold War« im letzten Jahr, mit kommerziellen Hits und neuen Serien. Jetzt kommt mit Jan Komasas »Corpus Christi« eine kritische Reflexion über autoritäre Strukturen in Kirche und Gesellschaft bei uns ins Kino
Im Winter 2014 startet der polnische Film »Ida« in Frankreich. Über 500 000 Franzosen strömen in das Werk um die junge Novizin Anna, die kurz davor steht, ihr Gelübde abzulegen. Aber dann erfährt sie, dass sie Jüdin ist und eigentlich Ida Lebenstein heißt. Ida, gedreht in betörend schönen Schwarz-Weiß-Bildern, wird der erste polnische Film, der 2015 einen Oscar erhält. Das war weder Krzysztof Kieslowski noch Andrzej Wajda vergönnt. Regisseur Paweł Pawlikowski wird mit seinem nächsten Werk »Cold War« (2018) in den Wettbewerb von Cannes eingeladen. Europaweit sehen 2,5 Millionen Zuschauer »Cold War«, davon 930 000 in Polen.
Ausgerechnet der polyglotte Paweł Pawlikowski, der als Kind Polen verließ, in England und Deutschland aufwuchs und für »Ida« nach Polen zurückkehrte, steht so für den internationalen Durchbruch des polnischen Kinos. Über 40 Filme werden in unserem Nachbarland jährlich produziert. Der einheimische Marktanteil betrug 2019 mehr als 28 Prozent, der drittbeste in Europa. Kommerziell erfolgreich sind lokale Komödien und Krimis, aber auch historische Filme oder bissige, zeitgenössische Werke, die sich vor allem mit der Rolle der mächtigen katholischen Kirche befassen.
Im Coronajahr 2020 ist »365 Days«, der angeblich erste polnische Erotikfilm, Nummer 1 mit 1,6 Millionen Besuchern. Netflix schnappt sich die weltweiten Rechte, und »365 Days« dominiert mitten im Lockdown wochenlang die deutschen Netflix-Charts. Vermutlich war den wenigsten ZuschauerInnen bewusst, dass der Film aus Polen kam. Für den amerikanischen Streaminggiganten mit Europasitz in Amsterdam ist »365 Days« jedoch der Start für eine beispiellose Offensive mit polnischen Produktionen. Deutsche Verleiher und das Fernsehen dagegen haben die Qualität und das kommerzielle Potenzial polnischer Filme und Serien bisher nicht erkannt.
Vor allem Frauen mischen bei diesen Erfolgen kräftig mit. So auch die Filmemacherin Maria Sadowska, die mit »Sztuka Kochania« (Die Kunst zu lieben), ebenfalls auf Netflix, den wesentlich besseren Blockbuster zum Thema Sex drehte. Ihr Film kreist um die Gynäkologin und Aufklärerin Michalina Wisłocka, der es nach jahrelangen Mühen 1978 gelang, ein Sexaufklärungsbuch zu veröffentlichen, das mit 7 Millionen verkauften Exemplaren zu einem Riesenerfolg avancierte. Mit vielen non-linearen Einschüben wird von einer mutigen und aufrechten Frau erzählt, die darum kämpfte, dass man über Sex, weibliche Orgasmen und Verhütung spricht. Widerstand kam jahrzehntelang von Funktionären und Würdenträgern aus der kommunistischen Partei und der katholischen Kirche. Besonders amüsant ist das Finale, wenn es den Ehefrauen und Geliebten der Machthaber gelingt, den Bann gegen das Buch zu brechen. Dann bekommt dieser höchst unterhaltsame Kinohit eine schöne subversive Note. 2017 erreichte »Sztuka Kochania« über 1,8 Millionen Zuschauer, spielte fast 9 Millionen Dollar ein und gehörte zu den fünf erfolgreichsten Filmen des Jahres. Interessanterweise erzählt Maria Sadowska schon in diesem etwas anderen historischen Film, der zwischen 1939 und 1978 spielt, viel über die Kulturkämpfe, die Polen bis heute erschüttern und sich auch kürzlich bei der Präsidentschaftswahl manifestierten.
So liegt die regierende, nationalistisch-konservative Regierungspartei PiS mit ihrem Verbündeten, der erzkonservativen, polnischen Kirche, mit den bürgerlich-liberalen Kräften und Künstlern der Metropolen im Konflikt. Das Land wird ähnlich wie Ungarn sukzessive zu einem »illiberalen« Staat umgebaut. Als Feindbild dienen Linke, Liberale, Migranten und zunehmend Homosexuelle. In diesem schon fast hysterischen Klima der Intoleranz nimmt der Hass eine erschreckende Rolle ein. Das thematisiert der wohl derzeit aufregendste und spannendste polnische Filmemacher Jan Komasa in seinem neuesten Werk »The Hater« (neu auf Netflix).
Der Jurastudent Tomek wird nach einem Plagiatsvorwurf von der Uni exmatrikuliert. Er stammt aus einem Dorf und wird von einer linksliberalen Warschauer Familie finanziell unterstützt. Als Tomek gewahr wird, dass sich seine Gönner abfällig über ihn äußern, heuert er bei einer zwielichtigen PR-Agentur an, die versucht, mit Hasskampagnen und Fake News prominente Liberale zu diskreditieren: so auch den Bürgermeisterkandidaten Rudnicki. Tomek wird zum Mastermind der Intrige und kennt aus verletztem Stolz und pathologischem Hass bald keine moralischen Grenzen mehr.
Der 1981 geborene Jan Komasa gilt seit seinem auch auf der Berlinale 2011 gezeigten Debütfilm »Sala Samobójców« (Suicide Room) als Wunderkind des polnischen Kinos. In seiner Heimat erreichen seine Filme ein Millionenpublikum, und sein dritter Spielfilm »Corpus Christi« wurde in diesem Jahr in der Sparte Bester Internationaler Film für den Oscar nominiert. Mit »The Hater« (Hejter), der auch als Sequel zu seinem Debüt gelesen werden kann, zeigt Komasa kompromisslos die Risse in der polnischen Gesellschaft auf. Nicht immer klischeefrei stehen linksliberale, wohlsituierte Intellektuelle (der Großstadt) den vom Wohlstand vergessenen Antikommunisten, Nationalisten und Verarmten (aus der Provinz) gegenüber. Das ist kraftvolles, hochemotionales modernes Kino, das thematisch weit über die Probleme Polens hinausweist.
Jan Komasa beweist sich auch mit diesem aktuellen Film als intelligenter und unangepasster Chronist seiner Heimat. »Corpus Christi« ist nur einer von vielen Filmen der letzten Jahre, die sich kritisch und vielschichtig mit der Rolle der Kirche in Polen auseinandersetzen. Ein junger Krimineller gibt sich in einem entlegenen Dorf als Priester aus, begeistert und verführt dort eine durch einen schrecklichen Unfall traumatisierte Gemeinde. Komasa hinterfragt intelligent Religion, die Rolle der Priester, das Zölibat, das Ideal der Keuschheit und die Institution Kirche. »Corpus Christi« ist sicherlich der stärkste Film des Regisseurs; er erreichte erstaunliche 1,6 Millionen Zuschauer in Polen.
Noch erfolgreicher mit 1,8 Millionen Zuschauern war Komasa jedoch 2014 mit »Miasto 44« (Warschau 44), den das ZDF 2015 zeigte. Ende Juli 1944 steht die Rote Armee bereits vor Warschau, und die Alliierten sind in der Normandie gelandet. Die Deutschen wüten weiterhin in Polen, lassen Geiseln erschießen und terrorisieren die Zivilbevölkerung. Die Schüler Stefan, Alicia und Koma treten der polnischen Heimatarmee bei. Die jungen Aufständischen sind voller Hoffnung. Jan Komasa rückt sie als idealistische Freiheitskämpfer in den Vordergrund, die naiv und romantisch begeistert gegen die übermächtige Vernichtungswalze der Deutschen kämpfen – mit schrecklichen Konsequenzen. In Polen war dieser sehr modern erzählte Film nicht unumstritten. So nimmt Komasa Anleihen bei Tarantino, arbeitet bewusst mit Anachronismen, Zeitlupen und Popsongs. Das ist stilistisch gewagt und vermag nicht durchgehend zu überzeugen. Bewundernswert bleibt die Konsequenz, mit der Komasa von diesem nationalen Trauma bewusst anders filmisch erzählt.
Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen spielen nach wie vor eine bedeutende Rolle im aktuellen polnischen Kino. So auch in »Wolyn« (2016) von Wojciech Smarzowski, der in Deutschland unter dem banalen Titel »Sommer 1943 – Das Ende der Unschuld« als DVD-Premiere erschien. Dort geht es um die Massaker von ukrainischen Nationalisten an der polnischen Zivilbevölkerung in Wolhynien, einem Gebiet, das mehrheitlich von Ukrainern bewohnt war, aber nach dem Ersten Weltkrieg hauptsächlich zu Polen gehörte. Wojciech Smarzowski ist ebenso wie Jan Komasa ein Filmemacher, der gekonnt zwischen kommerziellem Kino und künstlerischem Anspruch balanciert und einige der bedeutendsten Filme der letzten zehn Jahre in Polen gedreht hat. 2011 betrat er mit »Róza« historisches Neuland, als er auf die Rolle der Region Masuren nach Kriegsende 1945 einging. Für Polen und Russen galten deren Bewohner als Deutsche und wurden verfolgt, vergewaltigt, deportiert oder zwangspolonisiert. Schonungslos thematisiert der herausragende Film mit der großartigen Hauptdarstellerin Agata Kulesza (bekannt aus »Ida«, »Cold War« und »The Hater«) das Leid der Menschen im Nachkriegschaos.
Auch in »Wolyn« rückt Smarzowski eine Frau in den Mittelpunkt. Die 17-jährige Polin Zosia wird im Frühjahr 1939 mit dem älteren Witwer Maciej zwangsverheiratet, obwohl sie einen gleichaltrigen ukrainischen Jungen liebt. Zosia überlebt mit ihrem Sohn ein Massaker nach dem anderen, auch die Repressalien der Polen an den Ukrainern. Das ist beklemmend, erschütternd, oft kaum zu ertragen und am Ende flüchtet sich Smarzowski in einen surrealen, magischen Realismus. Filmisch, darstellerisch und ästhetisch ist Wolyn beeindruckend. Politisch lässt sich der Film, der sich um Differenziertheit bemüht, nicht vereinnahmen. In der Ukraine ist »Wolyn« übrigens bis heute offiziell verboten.
Mit ihrer differenzierten und mitunter auch angreifbaren Darstellung des Krieges stehen Komasa und Smarzowski im Kontrast zum Wunschdenken der Regierungspartei PiS. Die wünscht sich mehr polnische Helden und will vom Leid und der Tragik der polnischen Geschichte nicht mehr viel wissen. Auffallend ist, dass in zwei sehr aktuellen Kriegsfilmen, »Der Kurier – Sein Leben für die Freiheit« und »Squadron 303 – Luftschlacht um England« (beide auf DVD erschienen), polnische Soldaten der Heimatarmee, die von England aus operierten, idealisiert werden. Besonders fragwürdig ist in »Der Kurier« die kritiklose Heroisierung beim Ausbruch des Warschauer Aufstands. Der Film endet mit glücklichen Soldaten der polnischen Untergrundarmee, die sich endlich erfolgreich gegen die SS und Wehrmacht durchsetzen. Sie retten so die polnische Ehre. Wie fürchterlich die Deutschen diesen Aufstand niederschlugen, der 200 000 polnische Todesopfer forderte, wird ausgeblendet.
Welche »heroischen« Filme sich die PiS-Politiker aber eigentlich wünschen, wurde mit der einseitigen Propagandaproduktion »Smolensk« (2016) deutlich. Der Film beruht auf der Verschwörungstheorie, die Russen hätten absichtlich die Tragödie bei Smolensk herbeigeführt, bei der 2010 im dichten Nebel ein polnisches Regierungsflugzeug mit hochrangigen Politikern und Vertretern der polnischen Gesellschaft abstürzte und die 96 Todesopfer forderte. Unter ihnen befand sich auch der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski, dessen Zwillingsbruder Jarosław bis heute der starke Mann der PiS ist. »Smolensk« wurde von Politikern der PiS hochgelobt, vom polnischen Publikum jedoch mit enttäuschenden 463 000 Zuschauern abgestraft.
Bis heute hat es einen wirklichen künstlerischen Kahlschlag im polnischen Kino nicht gegeben. Zensur funktioniert in Polen etwas anders. Man verweigert Filmen, die sich mit Themen wie Homosexualität befassen, einfach eine finanzielle Unterstützung für ihre internationale Festivalkarriere. Viele kritische oder »kontroverse« Stoffe werden von Produzenten, die auf Fördergelder angewiesen sind, nicht weiter verfolgt.
Besonders absurd ist der Fall von »Ida«. Im Interview erzählte Regisseur Paweł Pawlikowski 2018, dass der Film im Wahlkampf in Polen eine wichtige Rolle spielte, weil er angeblich »Polen in ein schlechtes Bild rückte«. Je mehr Preise der Film gewann, umso vehementer wurde er von Politikern diffamiert, die ihn nie gesehen hatten. In welchem Kontext »Ida« im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde, erzählte Pawlikowski lachend: »Der Sender ist zu einem Propagandainstrument der Regierung geworden. Vor der Ausstrahlung des Films gab es eine einführende Diskussion zwischen zwei rechtsextremen nationalistischen Journalisten. Sie sagten dem Fernsehpublikum: ›Der Film, den Sie jetzt sehen werden, ist ein antipolnischer Film‹, und sie argumentierten mit Szenen aus »Ida«. Einer der beiden meinte sogar: Diese Einstellung zeigt eine antipolnische Haltung.«
Andere kritische, einheimische Filme zeigt das Staatsfernsehen erst gar nicht. So auch den erfolgreichsten Film der letzten Jahre – »Kler« (Klerus) von 2018, der bisher beste Film des »Wolyn«-Regisseurs Wojciech Smarzowski. 5,3 Millionen Polen sahen korrupte, hedonistische kirchliche Würdenträger, die sich bereichern, und pädophile Priester, die von den Kirchenoberen nicht verfolgt werden. Der Film setzt auf die typische Mischung aus Humor und Grauen, die viele Werke Smarzowskis auszeichnet. Dass er noch nie in den Wettbewerben von Cannes, Venedig oder Berlin vertreten war, ist kaum nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist sein Kino, obwohl es so entschieden aneckt und verstört, einfach kommerziell zu erfolgreich.
Die Berlinale setzte unter Dieter Kosslick dafür auf polnische Frauenpower. Vor allem Małgorzata Szumowska, die mit europäischen Koproduktionen bekannt wurde – »Elles« spielte in Paris –, dreht einen hervorragenden Film nach dem anderen. In »Im Namen des . . . « (W imie . . . ) geht es um einen homosexuellen Priester; in ihrem vorletzten Spielfilm »Die Maske« (Twarz) kritisiert sie ebenfalls die dominante Rolle der bigotten katholischen Kirche auf dem Land. Diese bitterböse, aber nie bösartige Studie über das Polen der Provinz ist eigenwillig gefilmt, mit bewussten Unschärfen im Bild und ausgezeichnet gespielt.
Auch die international renommierteste polnische Filmemacherin Agnieszka Holland ist immer dann am besten, wenn sie filmisch nach Polen zurückkehrt. Zur Bestform lief sie 2017 mit »Die Spur« (Pokot) auf. In einem polnischen Dorf kämpft eine tierliebende Frau verzweifelt gegen die jagdgeilen Männer des Ortes. Aber niemand hört auf sie. Dann scheinen die Tiere sich zu »rächen«. Einige der Jäger werden tot aufgefunden. Und es entfaltet sich eine erfrischend böse und humorvolle Parabel, die für Freiheit und leise Anarchie wirbt.
Auch als Showrunnerin und Teilregisseurin der überdurchschnittlich guten, ersten polnischen Netflix Serie »1983« konnte Agnieszka Holland überzeugen. In dieser originellen Dystopie, die auf zwei Zeitebenen spielt, hat es den Mauerfall nie gegeben. Polen löste sich nach einem nationalistisch-kommunistischen Putsch 1983 von der Sowjetunion, ist selbst Atommacht geworden und nimmt im Jahr 2003 eine wichtige strategische Stellung im Kalten Krieg ein. Dieses autoritäre Polen mit seiner Mischung aus Heldenpathos, Nationalismus und Staatskapitalismus bietet einen gewissen Lebensstandard, aber keine bürgerlich-westlichen Freiheiten. Die Serie wirkt wie eine Warnung und ist dennoch eine geniale, spannende Fiktion, die fesselt und mit charismatischen Frauenfiguren aufwartet.
Überhaupt scheint Netflix polnische Filme und Serien entdeckt zu haben. So laufen auf der Plattform derzeit auch die gelungenen Miniserien »Im Sumpf« und »Das Grab im Wald«, die als Crime-Serien daherkommen, aber viel über das einst kommunistische Polen und seine Wunden aus der unbewältigten Vergangenheit verraten.
»Im Sumpf« spielt Anfang der 1980er Jahre in einer schlesischen Kleinstadt. Nach einem Doppelmord an einer Prostituierten und einem kommunistischen Jugendfunktionär präsentiert die Polizei sehr schnell einen Mörder. Nur zwei Reporter der lokalen Zeitung spüren, dass etwas nicht stimmen kann. Die Morde legen eine Doppelmoral frei. Natürlich ist keine der offiziellen Stellen an der Wahrheit interessiert. Und so geht es um Fragen nach Zivilcourage und Anpassung, nach der richtigen Dosierung von Opposition. Es ist ein sehr düsteres Bild, in dem auch die Vergangenheit und die Verbrechen an den vertriebenen Deutschen 1945 unterschwellig eine Rolle spielen.
Polen ist mit 40 Millionen Einwohnern der größte Markt in Osteuropa und der umkämpfteste. Neben Netflix produzieren HBO und Canal Plus hochqualitative Serien mit lokalen Stars. So spielen in »Im Sumpf« so bekannte Darsteller wie Andrzej Seweryn (»Schindlers Liste«), Dawid Ogrodnik (»Ida«) und Zofia Wichłacz (»Warschau 44«) mit, und auch die zweite Netflix-Eigenproduktion »Das Grab im Wald« setzt auf bekannte polnische Darsteller und so erfolgreiche Kinoregisseure wie Bartosz Konopka und Leszek Dawid. Selbstbewusst hat Netflix hier einen Krimi des amerikanischen Bestsellerautors Harlan Coben polnischen Verhältnissen angepasst. Themen wie Postkommunismus und Antisemitismus werden originell und treffend thematisiert. Gerade die ausländischen Pay-TV-Sender und Streamingdienste tragen dazu bei, die künstlerische Freiheit und Meinungsvielfalt im Serienbereich zu erhalten, trotz des politischen Drucks der PiS und des konservativen Kulturministers.
Wie es mit dem polnischen Kino weitergeht, bleibt abzuwarten. Immerhin ist es auch ohne Staatsgelder möglich, provokante, kritische Stoffe mit kommerziellem Potenzial zu verfilmen. Bezeichnend dafür ist der filmische Aufreger aus dem Herbst 2019. »Polityka« beginnt als klamottige Satire auf die politischen Zustände Polens, wird aber zunehmend interessant und vielschichtig. Ein bösartiger Parteichef nominiert nach Gutdünken zunächst eine aus der Provinz stammende Parteisoldatin als neue Ministerpräsidentin und macht ihr klar: »Du bist das Gesicht, aber nicht das Hirn.« Später wird sie durch den farblosen Finanzminister abgelöst. Weitere Rollen spielen ein intriganter »Pater Direktor«, sein erzkatholischer Günstling und ein Fitnesstrainer, der sich irgendwann gegen den allmächtigen Parteichef positioniert. Regie führte Patryk Vega, einer der kommerziell erfolgreichsten Filmemacher des Landes, der vor allem für brachiale Actionfilme wie das »Pitbull«-Franchise steht. Vega produzierte »Polityka« selbst, der mit über 9 Millionen Dollar Einspiel einen ordentlichen Profit abwarf. Auch im kommerziellen Sektor gibt es Spielraum.Wie immer man es also wendet: Polen ist filmisch noch lange nicht verloren.
Kommentare
365 Tage
Ein wirklich bestürzendes Bild von Frauen und von Sexualität.
Einer der schlechtesten und dümmsten Filme, die ich jemals gesehen habe.
B. Claren
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